Aids-Hilfen: HIV-Positive werden vor Gericht diskriminiert
Menschen mit HIV, die regelmäßig ihre Therapie einnehmen und deren Virenlast unter der Nachweisbarkeitsgrenze liegt, "stellen keine Gefährdung dar", wurde betont. "Es ist höchst an der Zeit, dass das Strafrecht den wissenschaftlichen Erkenntnissen folgt", mahnte Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien.
In der Vergangenheit seien HIV-positive Menschen trotz wirksamer Therapie und obwohl gar keine Übertragung stattgefunden hat, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden. Es sei das Gefährdungspotenzial für eine Ansteckung unterstellt worden, so die Aids Hilfen. 2020 stellte hingegen das Oberlandesgericht (OLG) Graz fest, dass eine erfolgreiche HIV-Therapie eine Strafbarkeit ausschließt.
Die Paragrafen 178 und 179 im Strafgesetzbuch (StGB) "bzw. die bisherige Rechtsprechung dazu" setze Menschen mit HIV aber weiterhin Diskriminierung und Stigmatisierung aus. Dabei unterbinde eine regelmäßige und wirksame Therapie eine Weitergabe des HI-Virus, dadurch setzen Betroffene beim Geschlechtsverkehr keine "gefährdende Handlung", wurde argumentiert. Da kein Risiko für eine Übertragung bestehe, sei der Tatbestand des Paragraf 178 ("Gefahr der Verbreitung") nicht erfüllt.
Eine adäquate medikamentöse Therapie gelte nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft als Prävention, da sie nachweislich Übertragungen verhindere. Die Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen könne zudem dazu beitragen, dass die Testbereitschaft bei Betroffenen sinkt.
Die Aids-Hilfen Österreichs fordern, dass eine HIV-Infektion nicht mehr von der Strafbarkeit von Paragraf 178f erfasst sein soll. Solange dies der Fall bleibt, "muss bei der Entscheidung durch ein Gericht der aktuelle Stand der medizinischen Forschung beachtet werden. Das bedeutet, dass sowohl Safer Sex als auch das konsequente Verfolgen einer medikamentösen Therapie als Ausschlussgrund für ein Verfahren gelten müssen".
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