Corona-Experte: "Gehen auf soften Lockdown zurück"

Klimek erkennt Sinn darin, "mit diesen Öffnungsschritten vorzugehen"
"Wir gehen quasi vom harten auf mehr oder weniger den soften Lockdown zurück."

So beurteilte der Komplexitätsforscher Peter Klimek das am Mittwoch angekündigte Maßnahmenbündel zur Lockerung. Das mache Sinn, denn mit dem "Maßnahmen-Setup" von 3. November wurde die Covid-19-Entwicklung eingebremst, wie sich nun rückblickend zeige. Auch der Simulationsforscher Niki Popper erwartet unter diesen Bedingungen Rückgänge bis Ende des Jahres. Aufgrund der jetzt gegenüber Ende Oktober günstigeren Gesamtsituation sei es "realistisch, davon auszugehen, dass wir bis Weihnachten keine stärkeren Zuwächse haben werden", sagte Klimek zur APA. In der aktuellen Lage mache es Sinn, "mit diesen Öffnungsschritten vorzugehen", so der Forscher vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) und der Medizinischen Universität Wien. Da immer noch viele Menschen auf den Intensivstationen liegen und es weiter relativ viele Neuansteckungen gibt, sei es insgesamt "keine Selbstverständlichkeit, jetzt irgendetwas zu öffnen".

Popper: Nachwirkungen des harten Lockdowns

Bis Mitte Dezember wirke auch noch der harte Lockdown nach, sagte Popper. Die Massentests helfen einerseits punktuell Infizierte aus den Ausbreitungsnetzen zu holen, kurzfristig werden aber andererseits dadurch deutlich mehr Fälle registriert. Da wird es wichtig sein, zwischen Ursache und Wirkung zu unterschieden. Es sei aber davon auszugehen, dass wir "zu Weihnachten niedrige Zahlen haben werden. Entscheidend ist, wie es dann weitergeht".

Die Wirkung der nun angekündigten Öffnungsschritte zeige sich erst frühestens kurz vor den Feiertagen und vor allem danach. Da aber viele Maßnahmen zur Kontaktreduktion aufrecht bleiben, dürfte dieses Bündel "relativ gut wirken". "Entscheidend wird aber sein, wie wir dann Mitte Jänner dastehen", denn dann sehe man wie sich die Weihnachtsfeiertage unter den heute kommunizierten Bedingungen tatsächlich auswirken, betonte der Forscher von der TU Wien im APA-Gespräch.

Gartlehner: "Fast etwas zu großzügig"

Dass, wie von der Regierung verlautbart, an den Feiertagen bis zu zehn Personen aus verschiedensten Haushalten zusammenkommen dürfen, überraschte Gerald Gartlehner, Experte für Evidenzbasierte Medizin von der Donau-Universität Krems, ein Stück weit: "Das erscheint mir fast etwas zu großzügig." Führe man sich die jetzige Situation vor Augen, könnten hier durchaus wieder vermehrt Cluster entstehen, so seine erste Einschätzung.

Wie die Regulierungen im Handel gestaltet werden, um Massenansammlungen in Einkaufszentren zu vermeiden, werde sich noch weisen. Man müsse Bilder, wie vor wenigen Wochen jedenfalls vermeiden. "Es wäre absurd, wenn wir drei Wochen im Lockdown sind, und dann haben wir wieder so etwas", sagte Gartlehner, der sich gegenüber der APA erfreut zeigte, dass die Schulen großteils wieder offen sind.

Insgesamt habe die Bundesregierung eine "Güterabwägung" anstellen müssen, bei der Theater und andere Kultureinrichtungen gegenüber den Geschäften offenbar den Kürzeren gezogen haben. Rein epidemiologisch begründbar sei das nicht, "das ist wahrscheinlich eine reine politische Entscheidung", so Gartlehner: "Dass nicht alles geöffnet werden kann, war aber klar. Das wäre auch das falsche Signal gewesen."

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