Corona-Nasenspray? Wiener Forschende entwickeln Super-Antikörper

Corona-Nasenspray? Wiener Forschende entwickeln Super-Antikörper
Wiener Forschenden ist es gelungen eine Art Super-Antikörper herzustellen. Das könnte Wege zu antiviralen Nasensprays ebnen.

Durch das Zusammenführen zweier Antikörper-Moleküle des Typs IgA, die sich gegen das SARS-CoV-2-Virus richten, ist es Wiener Wissenschaftern um Herta Steinkellner von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien gelungen, eine höchst wirksame Art Super-Antikörper herzustellen. Im Fachjournal "PNAS" zeigen sie, dass ihr sogenannter IgA-Dimer das Coronavirus bis zu 240 Mal besser neutralisiert als die einfache Struktur (Monomer). Das könnte Wege zu antiviralen Nasensprays ebnen.

Steinkellner und ihr Team nutzen zur Herstellung von Antikörpern eine Tabakpflanze (Nicotiana benthamiana), indem sie Gene der vom Menschen kommenden Teile der körpereigenen Abwehr in die Pflanze einbringen. Ein Bakterium hilft ihnen bei der Lieferung des Erbguts in die Pflanze, die dann vorübergehend die gewünschten speziellen Proteine zusammensetzt.

Erst kürzlich hat man auf diese Weise IgG-Antikörper, die eigentlich eher spät im Verlauf einer Infektion gebildet werden, produzieren lassen. Unter den vier Subtypen (IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4) aus dieser Gruppe entpuppten sich die schwierig herzustellenden IgG3-Antikörper als 50-fach besser im Neutralisieren der SARS-CoV-2-Viren als IgG1-Antikörper. Dieses vielversprechende Ergebnis, das in infizierten Zellkulturen erzielt wurde, wurde ebenfalls im Fachblatt "PNAS" präsentiert.

In der neuen Studie nahm die am Department für Angewandte Genetik und Zellbiologie der Boku tätige Steinkellner in Kooperation mit Forschern um Karin Stiasny vom Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien nun die Herstellung von IgA-Antikörpern in den Pflanzen unter die Lupe. Dabei handelt es sich um jene Antikörper-Gruppe, die bei einer Infektion eher früher entsteht. Sie finden sich vor allem in den Schleimhäuten in den oberen Atemwegen und hemmen dort den Erreger. Da dort das Virus in den Körper gelangt, ist die Verabreichung dieser Antikörper dementsprechend interessant für Ansätze, wo es darum geht, das Virus an der Weiterverbreitung im Körper bzw. überhaupt beim Eintritt zu hindern. Als vielversprechend gelten hier Nasensprays, die die Antikörper in die Nasenschleimhaut bringen.

Im Zuge der Studie stellten die Wiener Wissenschafter zwei Varianten von IgA1 her: Eine klassische, bei der die Antikörper in ihrem üblichen Erscheinungsbild als einzelne Moleküle vorlagen (IgA1-m), und eine neue Form. Hier verknüpften die Forscher zwei Monomere zu einem Dimer. Diese IgA1-d-Variante entpuppte sich im Test in Zellkulturen dann als bis zu 240-fach wirksamer beim Neutralisieren der Viren.

Das könnte daran liegen, "dass durch die neue Form, die entsteht, die Antikörper eine größere Reichweite haben", erklärte Steinkellner im Gespräch mit der APA. Im Normalfall blockiert ein Antikörper je ein Virus-Oberflächenprotein. "Die viel größeren Dimere können möglicherweise die Viren praktisch miteinander verklumpen. Das ist aber eine Theorie, die wir noch nicht bewiesen haben." So könnte eine Art Netzwerk entstehen, das die Dimere beim Neutralisieren effizienter macht.

"Diese unerwartet hohe Wirksamkeit macht IgA-Antikörper besonders interessant für neue Therapieansätze, nicht nur für SARS-CoV-2, sondern auch für andere Erreger, die über die Atemwege in den Körper gelangen", so Steinkellner. Die in den Pflanzen hergestellte IgA1-d-Variante in Nasensprays zu packen, stelle dementsprechend einen besonders interessanten Ansatz dar. Verabreicht werden könnten diese "eher am Beginn" einer Covid-19-Erkrankung, um zu verhindern, dass die Viren systemische Schäden im Körper anrichten können.

Denkbar wäre aber auch ein Einsatz zur Vorbeugung etwa bei besonders gefährdeten Personen. Muss zum Beispiel jemand mit geschwächtem Immunsystem zum Arzt oder besucht eine Veranstaltung, könnte der Spray prophylaktisch eingesetzt werden. "Er kann aber eine Impfung keinesfalls ersetzen", betonte Steinkellner.

Das ist allerdings noch Zukunftsmusik, denn im nächsten Schritt plane man mit einem Kooperationspartner erstmal Studien an Tieren. Letztlich zeige die aktuelle Arbeit aber auch, dass das rasche Herstellen von komplexen menschlichen Proteinen in Pflanzen flexibel durchgeführt werden kann, schreiben die Wissenschafter in der Publikation.

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