Deutsche Grüne gehen mit sozialpolitischen Ansagen in Wahl

Kür von Kanzlerkandidatin Baerbock auf Grünen-Parteitag
Die deutschen Grünen ziehen mit sozialpolitischen Ansagen in den Bundestagswahlkampf.

Wie ein Online-Parteitag am Samstag beschloss, sollen die monatlichen Hartz-IV-Zahlungen für über fünf Millionen Erwachsene und Kinder in der Grundsicherung um mindestens 50 Euro steigen. Außerdem fordere man einen Mindestlohn von zwölf Euro, doch hatten einige Delegierte sogar 13 Euro verlangt. Auch Basisanträge für eine 30-Stunden-Woche und eine Vollbeschäftigungsgarantie scheiterten.

Die konkrete Forderung für die Hartz-IV-Erhöhung sei eine "Mindestbedingung für jede Koalition", sagte der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Sven Lehmann. Beim gesetzlichen Mindestlohn blieb es bei der Forderung nach einer Erhöhung auf zwölf Euro. Delegierte hatten 13 Euro gefordert.

Höhepunkt des zweiten Tages des Bundesparteitages sollte am Nachmittag die Bestätigung der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und ihre anschließende Rede sein. Die Parteichefin soll im Paket mit Co-Parteichef Robert Habeck als Spitzenduo für die Bundestagswahl gewählt werden, wobei sie als Kanzlerkandidatin antritt. Dies hatte der Parteivorstand im April vorgeschlagen.

Derzeit erhält ein erwachsener, alleinlebender Bezieher der Grundsicherung für Erwerbsuchende monatlich 446 Euro zum Lebensunterhalt und zusätzlich die Wohnungskosten. Der Nachwuchsverband Grüne Jugend hatte eine Erhöhung um 200 Euro verlangt. Lehmann warnte, eine Erhöhung in diesem Umfang würde Mehrkosten von 30 bis 35 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten. Die Kosten einer Erhöhung um 50 Euro bezifferte er nicht. Rein rechnerisch könnte sich dies bei gut 5,4 Millionen Beziehern von Hartz-IV auf über drei Milliarden Euro belaufen. Wenn der Regelsatz steigt, kann aber auch die Zahl der Anspruchsberechtigten zunehmen. Finanziert werden die Zahlungen für den Lebensunterhalt vom Bund aus Steuergeldern.

Im Wahlprogramm bleibt es bei der Forderung, den Mindestlohn von derzeit 9,50 Euro auf zwölf Euro zu erhöhen. "Jetzt einfach 13 Euro in das Wahlprogramm zu schreiben, macht das Leben für niemanden besser", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. "Aber es schwächt unsere breite Allianz mit den Gewerkschaften." Mit der Forderung nach zwölf Euro stünden die Grünen in einem sehr breiten Bündnis mit den Gewerkschaften.

Wie bereits in der Klimapolitik setzte sich in der Debatte über die Arbeits- und Sozialpolitik die Parteiführung weitgehend durch. Am Abend sollte es noch um die Wirtschafts- und Finanzpolitik gehen. Dabei gibt es auch die Forderung von der Basis, den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent und damit weitaus stärker anzuheben, als von der Parteispitze im Wahlprogramm angekündigt. Parteichef Habeck will am Abend selbst für eine Ablehnung dieser Forderung werben.

Am Freitag hatte die Parteiführung in allen Abstimmungen zur Klima- und Umweltpolitik Verschärfungen abgewehrt. So konnten sich Delegierte mit der Forderung nach einem schnelleren Anstieg der CO2-Bepreisung im Verkehr und beim Heizen nicht durchsetzen. Habeck schwor seine Partei auf einen harten Wahlkampf ein. "Der Tag hat gezeigt: Die Partei will Erfolg", sagte Kellner.

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