APA - Austria Presse Agentur

Habeck schließt längere AKW-Laufzeiten zum Gas-Sparen aus

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat längere Laufzeiten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke zur Einsparung von Gas ausgeschlossen.

Mit dem AKW-Weiterbetrieb könne man den Gasverbrauch um maximal zwei Prozent senken, sagte der Grünen-Politiker am Sonntag bei einem Bürgerdialog am Tag der offenen Tür der deutschen Regierung. "Für das wenige, was wir da gewinnen, ist es die falsche Entscheidung." Er warnte außerdem vor einem Einknicken bei Nord Stream 2.

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Es gebe zum Gas-Sparen andere Möglichkeiten, dafür solle der Konsens zum Atomausstieg nicht wieder aufgeschnürt werden, so Habeck. Nach Angaben von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung noch offen. Das Ergebnis des Stresstests für die drei noch laufenden Atomkraftwerke werde "Ende des Monats, vielleicht Anfang des nächsten Monats" abgeschlossen sein, sagte Scholz beim Tag der offenen Tür im Kanzleramt. Dann werde man entscheiden, ob die Meiler noch über das Jahresende hinaus genutzt werden sollen. Die Atomkraftwerke könnten aber ohnehin nur einen kleinen Beitrag zur Lösung der Energieproblems beitragen. Wie problematisch die Technik sei, zeige sich in Frankreich, wo derzeit viele Atomkraftwerke ausfielen. Neubauten seien so teuer, dass sie anders als Erneuerbare Energie für hohe Strompreise sorgten.

Die deutsche Regierung hat einen sogenannten Stresstest bei den Stromnetz-Betreibern in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis in den nächsten Wochen vorliegen soll. Dabei wird geprüft, ob etwa eine Streckung des Betriebs der AKW erforderlich sein könnte, um das Netz stabil zu halten und die Versorgungssicherheit zu garantieren. Dabei spielt unter anderem eine Rolle, dass Frankreich zahlreiche seiner AKW wegen Wartungsarbeiten vom Netz genommen hat und so teilweise von Deutschland mitversorgt wird. Das Problem für Frankreich könnte sich im Winter verschärfen, da das Land auch beim Heizen stark auf Strom setzt.

Habeck sagte, etwas anderes als die Frage der Laufzeitverlängerung sei die Frage der Stromnetz-Stabilität gerade in Bayern im Winter. "Das könnte unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Problem werden." Auch wenn die Gründe von Bayern etwa wegen des fehlenden Ausbaus der Windenergie oder der Netze zu verantworten seien, müsse die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Ein Ergebnis der Prüfung gebe es aber noch nicht.

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Eine Öffnung der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 wäre aus der Sicht Habecks ein Einknicken vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Damit würde man indirekt sagen, Putin habe Recht, warnte Habeck. "Hat er aber nicht!" Habeck war bei einer Diskussion mit Besuchern gefragt worden, welchen Unterschied es mache, ob Deutschland russisches Gas wie derzeit über die Pipeline Nord Stream 1 beziehe oder über Nord Stream 2. Die Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen worden. Deutschland hatte das Genehmigungsverfahren dafür im Februar kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt.

Habeck erklärte, Russland drossle die Lieferungen über Nord Stream 1, obwohl die Leitung "vollständig operabel" sei. "Das heißt, die Annahme, dort könnte nicht mehr Gas durchgeschoben werden, ist russische Propaganda." Habeck warnte, Russland könne sich bei einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ebenso wie nun bei Nord Stream 1 als unzuverlässig erweisen. "Und wenn er das Spiel mit uns da gewinnt, wer gibt uns die Garantie, dass er das mit Nord Stream 2 nicht ganz genauso macht?"

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Deutschland habe als Volkswirtschaft mit der großen Abhängigkeit von russischem Gas einen Fehler gemacht. Wer es erkennen wolle, erkenne, "dass die russische Regierung unter Putin Demokratie als Feind erachtet, Pressefreiheit mit Füßen tritt, den Mord als politisches Mittel einsetzt und das Völkerrecht missachtet", sagte der Minister weiter. Wenn man nun die Abhängigkeit von russischem Gas vergrößere, hätte man doch alle Lehren der vergangenen Monate vergessen.