APA - Austria Presse Agentur

Neue ÖVP-Minister: Martin Kocher erhält nun auch Wirtschaftsagenden

Regierungsumbildungen bedeuten nicht unbedingt immer neue Minister – mit Martin Kocher übernimmt nun ein Ökonom zusätzlich zu seinen Arbeits- auch die Wirtschaftsagenden.

Schon in den vergangenen Wochen war er für so ein "Superministerium" im Gespräch. Der 48-jährige gebürtige Salzburger steht seit Anfang 2021 an der Spitze des Arbeitsministeriums, davor leitete er seit 2016 das Institut für Höhere Studien (IHS) und ab Juni 2020 auch den Fiskalrat.

Kocher war als parteiloser Experte direkt vom IHS bzw. einer Professur an der Universität Wien in die Regierung gewechselt, nachdem seine Vorgängerin Christine Aschbacher über eine Plagiatsaffäre gestolpert war. Gemeinsam mit dem Geographen Heinz Faßmann als Bildungsminister bildete der Verhaltensökonom quasi das Wissenschaftsteam der Regierung - während Faßmann aber beim Kanzlerwechsel zu Karl Nehammer (ÖVP) abhanden kam, wird Kocher nun kurze Zeit später sogar aufgewertet. Für die Tourismus-Agenden erhält er mit Susanne Kraus-Winkler eine Staatssekretärin zur Seite gestellt.

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Kocher als jahrelanger Experte

Dass sich Kocher in seiner neuen Funktion gleich einmal mit der Umsetzung seiner Dissertation zum Thema "Very small countries: Economic success against all odds" (etwa: Sehr kleine Staaten: Wirtschaftlicher Erfolg gegen alle Erwartungen) befassen muss, ist allerdings nicht ganz korrekt. Österreich ist dafür etwas zu groß und fällt nicht in diese Staatenkategorie.

In seiner Forschung beschäftigte sich Kocher mit zahlreichen Themen aus dem Gebiet der experimentellen Verhaltensökonomie, die sich mit den psychologischen Grundlagen des ökonomischen Verhaltens befasst. Dazu hat er auch zahlreiche Bücher und Artikel verfasst. So veröffentlichte er beispielsweise Arbeiten zum Einfluss von Zeitdruck auf individuelle Entscheidungen oder die Entwicklung von Präferenzen bei Kindern und Heranwachsenden. Auf dem Gebiet der Sportökonomik zeigte Kocher beispielsweise mit seinem Koautor Matthias Sutter, dass Schiedsrichter häufig zugunsten der Heimmannschaft urteilen, wenn diese zurückliegt.

Der am 13. September 1973 in der Stadt Salzburg geborene Kocher hat seine Wurzeln immer noch in Altenmarkt im Pongau, wo er seine Kindheit und Jugend verbracht hat und wohin es ihn regelmäßig zurückzieht. Der begeisterte Sportler läuft nicht nur gern Marathon, es zieht ihn auch immer wieder auf die Berge, im Sommer zum Bergwandern, im Winter zum Skifahren. Als Sohn zweier Skilehrer stand er schon mit drei Jahren erstmals auf Skiern, später auch im örtlichen Skikader. Es habe sich jedoch bald gezeigt, dass es für eine Karriere als Skifahrer nicht reichte, erzählte Kocher später den "Salzburger Nachrichten". Zudem gab es harte Konkurrenz, "Hermann Maier war in der Schule eine Klasse über mir, Michael Walchhofer zwei Klassen unter mir".

Nach journalistischen Versuchen bei den "Pongauer Nachrichten" zog es Kocher nach Innsbruck zum Studium der Volkswirtschaftslehre. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der seit 2003 verheiratet ist. Seine Karriere führte Kocher über die Uni Innsbruck für zwei Jahre nach Amsterdam und 2010 ins englische Norwich an die University of East Anglia, bevor er dem Ruf der Ludwig-Maximilians-Universität München folgte. Dort lehrte er als Professor für Verhaltensökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung, daneben war er Gastprofessor in Göteborg und an der University of Queensland im australischen Brisbane.

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2016 ging Kocher ans IHS, 2017 erhielt er dazu noch eine Professur an der Universität Wien. Ab Mitte 2020 bis zum Wechsel in die Regierung war er auch noch kurzzeitig Präsident des Fiskalrates.

Zur Person: Martin Kocher, geboren am 13. September 1973 in Salzburg. Studium der Volkswirtschaftslehre in Innsbruck, Abschluss mit Doktorat 2002. Anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzwissenschaft der Uni Innsbruck und diverse Professuren z.B. an der Uni München, der University of East Anglia und der Universität Wien. Von 2016 bis 2021 war Kocher wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) und ab 2020 kurzzeitig Präsident des Fiskalrats. Seit Anfang 2021 Minister für Arbeit