Scholz und Johnson demonstrieren Einigkeit gegen Putin

Regierungschefs drohen Putin mit weiteren Schritten
Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz und der britische Premierminister Boris Johnson drohen Russlands Präsident Wladimir Putin mit weiteren Schritten gegen die russische Invasion in die Ukraine.

Beide Politiker betonten nach einem Treffen in London am Freitag, dass man der Ukraine weitere Waffen liefern werde. Die NATO-Staaten seien sich zwar einig, nicht Kriegspartei zu werden, aber man helfe der Ukraine, sich selbst zu verteidigen, sagte Johnson am Freitag in London.

Großbritannien werde laut Johnson alles liefern, was einen defensiven Charakter habe. Er nannte etwa Flugabwehrraketen. Auch Scholz sagte, dass Deutschland der Ukraine kontinuierlich Waffen liefern werde.

Beide Regierungschefs warfen dem russischen Präsidenten vor, sich mit der Invasion komplett verrechnet zu haben und Russland die Zukunft zu rauben. Denn Deutschland werde sich nun auch nach einem Ende des Krieges in der Ukraine von russischen Energieimporten lösen, kündigte Scholz an. Man werde dauerhaft nach anderen Lieferanten für Gas und Öl suchen und könne wohl schon 2022 unabhängig von russischem Öl werden. Russland habe aber ansonsten nicht viel zu exportieren. Die westlichen Sanktionen gegen Technologie-Lieferungen in das Land würden die russische Wirtschaft so treffen, dass sie auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sei. Technologiegüter könne Russland nicht schnell ersetzen. Scholz sprach von "dramatischen Kosten" für Russland.

Scholz sagte, man werbe darum, dass sich mehr Länder den Sanktionen anschließen und es keine Umgehungen gibt. "Er wird erleben, dass wir weiter einig bleiben", fügte Scholz mit Blick auf Putin und den Zusammenhalt in der EU, G7 und der NATO hinzu. "Putin hat den Westen zusammengebracht", sagte auch Johnson. "Putin hat uns entschlossener gemacht, fokussierter, und Europa gezwungen, sich neu zu rüsten", fügte er hinzu.

Eine Differenz zeigte sich bei Kontakten mit Putin. Er glaube nicht, dass diese Gespräche irgendetwas bringen könnten, sagte Johnson, der selbst zuletzt vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine mit Putin gesprochen hatte. Scholz verteidigte dagegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gegen polnische Kritik an direkten Kontakten mit dem Kreml-Chef. Es sei wichtig, dass man Putin direkt über die tatsächliche Lage in der Ukraine informiere, sagte der deutsche Kanzler im Hinblick auf Berichte, dass der russische Präsident immer mehr abgeschottet sei. "Wir sagen Putin, was die Lage wirklich ist", fügte Scholz hinzu.

Scholz wies den Eindruck zurück, dass man mit Putin verhandeln wolle. "Über die Ukraine verhandelt nur die Ukraine", sagte er und forderte erneut einen sofortigen Waffenstillstand. Beide verurteilten den Angriff auf einen ukrainischen Bahnhof in Kramatorsk mit vielen zivilen Toten. Johnson sprach von einem Kriegsverbrechen und fügte hinzu, dass der Vorfall zeige, wie "tief die russische Armee gesunken ist".

Beide kündigten an, dass es ab 2023 bilaterale Regierungskonsultationen geben soll. Dies solle die Zusammenarbeit auch nach dem Brexit vertiefen, sagte Scholz. Johnson seinerseits sieht den Brexit-Streit um die Regelungen für Nordirland nicht für beendet. "Es gibt da ein Problem", sagte Johnson. Ansonsten sei man sich aber bei so gut wie jeder Frage einig, fügte Johnson hinzu.

Großbritannien droht seit Monaten damit, die Notfallklausel Artikel 16 im sogenannten Nordirland-Protokoll auszulösen. Johnson betonte am Freitag ausdrücklich, diese Option sei nicht vom Tisch. Das Protokoll ist Teil des von London und Brüssel unterzeichneten Brexit-Vertrags. Es soll sicherstellen, dass die Grenze zwischen der zur EU gehörenden Republik Irland und Nordirland, das Teil des Vereinigten Königreichs ist, offen bleibt. Damit ist aber eine Zollgrenze zwischen Nordirland und Großbritannien entstanden, die teilweise für Probleme im innerbritischen Handel sorgt. London will das Protokoll von Grund auf neu verhandeln. Brüssel lehnt das bisher jedoch ab und pocht auf die Umsetzung der Vereinbarungen.

Großbritannien war Anfang 2021 aus der Europäischen Union ausgetreten, ist aber immer noch ein wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Wirtschaft. Deutsche Wirtschaftsvertreter hatten angesichts des Krieges kürzlich eine Nachverhandlung des Handelsabkommens verlangt.

Großbritannien ist für Scholz der sechste Antrittsbesuch in einem Land außerhalb der Europäischen Union seit seiner Vereidigung vor gut vier Monaten. Zuvor war er in den USA, der Ukraine, Russland, Israel und der Türkei.

Wie unterschiedlich die Politiker-Persönlichkeiten Scholz und Johnson sind, zeigte sich schon bei der Begrüßung. Während Scholz dem Briten vor den Kameras die Corona-Faust zum Gruß bot, streckte Johnson dem Deutschen die offene ausgestreckte Hand entgegen. Scholz zögerte nur kurz - dann schüttelten sich beide die Hand. Corona-Masken scheinen in London ebenfalls so gut wie tabu: Kaum jemand trägt sie.

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