Ausbau in Skigebieten von Tiroler Landesumweltanwalt kritisiert

Tirols Landesumweltanwaltschaft sieht den Skigebietsausbau kritisch
Die Tiroler Landesumweltanwaltschaft hat am Mittwoch einen verantwortungsbewussten Umgang mit Natur- und Umweltressourcen angemahnt.

Der Skigebietsausbau sei "nicht mehr zeitgemäß", so Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer bei einem Pressetermin anlässlich der Vorstellung des Tätigkeitsberichts der beiden Vorjahre. "Wir brauchen auch auf Landesebene Gesetze, die die Zukunft unserer Kinder besser schützt", forderte er etwa ein stärkeres Natur- sowie Klimaschutzgesetz.

In den letzten Jahren sei beobachtet worden, dass bei Bauprojekten die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und etwaiger Umweltschäden "sehr stark zu Gunsten der Bauprojekte ausschlägt". "Der Wert der Erhaltung von Natur und Landschaft ist aus unserer Sicht deutlich untergewichtet", so Kostenzer. Besonders hervorgehoben wurde dabei die Wintersportinfrastruktur. Tirol sei nach vielen Investitionen in Pisten, Aufstiegshilfen und Beschneiungsanlagen das "Gebiet mit der weltweit größten Skigebietsdichte." Angesichts von Klimaerwärmung und Biodiversitätskrise bleibe beim Ausbau eine eigentlich zu erwartende Zurückhaltung aus.

Alleine 2021 seien 33,6 Hektar an neuen Pistenflächen erschlossen worden, ein bedeutender Anteil davon in Gletscherbereichen. Im Vorjahr waren es 20 Hektar. In den beiden Vorjahren gab es bei Pisten, Aufstiegshilfen und Beschneiungsanlagen "keine einzige Ablehnung", betonte Kostenzer: "Die Expansion ist angesichts der Klimakrise nicht zu rechtfertigen". Auch wenn Wintersport ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor in Tirol sei, wie der Landesumweltanwalt einräumte. Angesprochen auf den frühen Saisonstart des Skiweltcups Ende Oktober in Sölden meinte Kostenzer hingegen - Bezug nehmend auf hohe Energiekosten: "Das regelt sich wohl von selbst." "Die Herrschaften werden wissen, ob das vernünftig ist oder nicht", so der Landesumweltanwalt.

Unter den Tiroler Parteien herrschte indes zuletzt Konsens, keine neuen Skigebiete zu errichten. Die Neuverhandlung des Tiroler Seilbahnprogramms (TSSP), das 2023 ausläuft, steht der schwarz-roten Landesregierung aber noch bevor.

Neben der Beschneiung in Skigebieten und der dafür benötigten Infrastruktur nähmen auch Anträge für Bodenaushubdeponien zu, hieß es indes seitens des stellvertretenden Landesumweltanwalts Walter Tschoner. "Ohne Bedarf", fügte Tschoner kritisch hinzu, wobei Deponien in manchen Fällen auch sinnvoll wären. Der Trend sei jedoch auffällig, dass "jeder Wirtschaftstreibende für sich in jedem Eck so eine Deponie haben will." Hier wünschte sich die Landesumweltanwaltschaft Richtlinien seitens des Landes: "Es braucht ein Konzept mit klaren Regeln." Anträge zu stellen sei legitim, diesen würden jedoch lange und teure Verfahren folgen, was auch für die Antragsteller nachteilig sei - und am Ende Anträge ja auch abgewiesen würden. "Bei klaren Richtlinien würden sich auch die Betriebe Geld sparen", so Tschoner. Ähnlich forderte man auch im Energiebereich hinsichtlich Photovoltaik oder auch Windkraft klarere Vorgaben seitens der Landesebene.

Im Naturschutz brauche es ein "Net Zero" beim Verbrauch ähnlich jenem bei Emissionen. "Es ist weiterhin ein ständiger Zuwachs", kritisierte der Landesumweltanwalt. "Die begrenzten Ressourcen des Planeten kann man auch herunterbrechen auf Tirol. Auch hier ist nach wie vor der Verbrauch nicht gestoppt." Sowohl beim Bodenverbrauch als auch bei Biotopen solle der Verbrauch auf das bereits bisher genutzte Maß begrenzt werden, schlug Kostenzer vor. "Jeder Eingriff bedeutet Folgeschäden, die letztlich auch wieder uns Menschen betreffen", so der Landesumweltanwalt.

Die kürzlich bezüglich des EU-Renaturierungsgesetzes gefundene Einigung bezeichnete Kostenzer indes als "die Chance für die Zukunft". Tempo bei entsprechenden Maßnahmen sei dabei Trumpf: "Das gilt für Europa, für den ganzen Planeten und natürlich auch für Tirol." Widerstand seitens der Landwirte sei indes nicht zielführend: "Je länger wir warten, desto härter wird es für die Bauern selbst", betonte Kostenzer. "Jeder Tag, an dem wir aktiv werden, zählt. Jeder Tag, an dem wir nicht in die Gänge kommen, bedeutet eine zusätzliche Belastung für die Zukunft", appellierte der Landesumweltanwalt für mehr entsprechende Maßnahmen.

Dabei gebe es auch einen weiteren Silberstreif am Horizont: "Der gesellschaftliche Wandel ist spürbar", so Kostenzer. Aus der Bevölkerung sei ein "durchaus kritischer Blick" auf Geschehnisse zu beobachten. "Das sind nicht nur einzelne NGOs, die sich positionieren", freute sich der Landesumweltanwalt: "Da ist etwas im Umbruch." Auch wurde dabei von einer "Anzeigenflut" im Beschwerdemanagement durch Bürgerinnen und Bürger berichtet.

Laut Tätigkeitsberichtes der Landesumweltanwaltschaft kam es 2021 und 2022 zu insgesamt 2.016 abgeschlossenen naturschutzrelevanten Verfahren in Tirol. 1.940 wurden genehmigt, 76 abgewiesen.

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