APA - Austria Presse Agentur

Frankreich: Zweiter großer Protesttag gegen Pensionsreform

Am zweiten großen Protesttag gegen die geplante Pensionsreform haben Streiks weite Teile des öffentlichen Lebens in Frankreich lahm gelegt.

Zahlreiche Bahnen, Busse und Flüge fielen am Dienstag aus. In vielen Schulen gab es keinen Unterricht. Die Beschäftigten des Energiekonzerns EDF fuhren aus Protest die Stromproduktion herunter, was jedoch zunächst nicht zu Stromausfällen führte.

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Auch in den Raffinerien und Treibstoffdepots von TotalEnergies legte ein Großteil der Beschäftigten die Arbeit nieder. In mehr als 200 Orten waren Demonstrationen geplant. Etwa 11.000 Sicherheitskräfte sollen Ausschreitungen verhindern, 4.000 allein in Paris.

Streiks in Frankreich

"Wenn die Premierministerin die Botschaft (am ersten Streiktag) nicht gehört hat, dann werden wir sie jetzt noch lauter und zahlreicher vermitteln", sagte CGT-Gewerkschaftschef Philippe Martinez den Sendern BFM und RTL. Die Gewerkschaften fordern, auf die geplante Erhöhung des Pensionsantrittsalters von 62 auf 64 Jahre zu verzichten.

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Ministerpräsidentin Elisabeth Borne hat bereits erklärt, die 64-Jahre-Grenze sei unverhandelbar. Für Gewerkschaften ist das bisher unannehmbar. "Diese Reform ist unfair und brutal", erklärte der Generalsekretär der Gewerkschaft UNSA für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, Luc Farre.

Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend betont, dass die Reform nötig sei, "um das System zu retten". Die Pensionskasse weist derzeit ein Plus auf, soll nach Schätzungen von Experten aber bis 2030 in ein Defizit von 14 Milliarden Euro rutschen. Daher sei die Reform "unumgänglich", sagte Macron und verwies auf die übrigen EU-Länder, in denen das Pensionsantrittsalter bereits deutlich höher liege.

Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage sind Macrons Zustimmungswerte in Folge der Debatte um die Pensionsreform um fünf Punkte gefallen, er kommt nun nur noch auf 36 Prozent. Fast zwei Drittel der Bevölkerung machte die Regierung für die Streiks und die Lähmung des öffentlichen Lebens verantwortlich, heißt es in der Umfrage des Instituts Odoxa.

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Experten rechnen damit, dass die Protestbewegung sich noch ausweiten könnte. Beim ersten Reformversuch 2019 hatte Frankreich die längsten Streiks seit den Studentenprotesten 1968 erlebt. "Die Pensionen sind in der Vorstellung der Franzosen eine heilige Kuh. Sie sind ein Symbol für das gesamte Sozialsystem und können daher zum Katalysator der Wut werden", sagte der Sozialexperte Raymond Soubie der Zeitung "Le Parisien".

Die Reform umfasst neben der Anhebung des Pensionsantrittsalters von 62 auf 64 Jahre auch eine Erhöhung der Mindestpension auf 1.200 Euro. Zudem soll die Beschäftigung von Senioren gefördert werden.

Beim ersten Protesttag am 19. Jänner waren mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen. Für Macron ist die Pensionsreform eines der wichtigsten Vorhaben seiner zweiten und letzten Amtszeit.