Was ist Vulva Casting?

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Wenn der Intimbereich zur Kunst wird: Was ist Vulva Casting?

Wenn aus einem vermeintlichen Tabuthema ein Kunstwerk entsteht: Wie das sogennante Vulva-Casting aussieht und warum man das macht, erfährst du hier.
Monika Kässer

Tabuthemen führen dazu, dass sich Menschen in ihrer Haut unwohl fühlen, dass sie denken, etwas würde nicht mit ihnen stimmen und den Eindruck bekommen, sie wären alleine mit ihren Empfindungen. Die Vulva, die nach wie vor unterrepräsentiert ist im öffentlichen Diskurs, zählt noch immer zu besagten Tabus in unserer Gesellschaft. Und kommt sie doch einmal zur Sprache, dann häufig in einem sexualisierten Kontext.

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Dem will eine Künstlerin entgegenwirken: Die Grazerin Viktoria Krug leistet mit ihrem "Vulvarium" Aufklärungsarbeit, will Scham, Druck und Angst nehmen, das Schweigen brechen und Diversität darstellen, um unrealistische Schönheitsideale aufzubrechen.

Wie das mittels Vulva Casting gelingen soll, verriet sie im Gespräch mit k.at.

Was genau ist denn die Vulva?

Als Vulva bezeichnet man den sichtbaren, äußeren Bereich der weiblichen Geschlechtsteile. Dazu zählt der Venushügel, die äußeren und inneren Schamlippen, die Klitoris sowie der Scheidenvorhof, der dann in die Vagina – auch Scheide genannt – übergeht. Sie wird auch als "weibliche Scham" bezeichnet, da aber das Reden über Geschlechtsteile enttabuisiert werden und man sich von Scham freimachen sollte, bevorzugen wir die Bezeichnung Vulva und Vulvalippen.

Wichtig ist zu wissen, dass Vulven in vielen Farben und Formen daherkommen. Die inneren Vulvalippen können nach außen ragen, die äußeren Lippen können wenig ausgeprägt oder unterschiedlich groß sein. Die Form kann eher glatt oder wellig sein, die Klitoris kaum sichtbar oder spitz zulaufend. Die Diversität bei Vulven könnte größer nicht sein, doch eines haben sie alle gemeinsam: Die inneren und äußeren Vulvalippen sind "Geschwister" und keine "Zwillinge". Dass sie nicht symmetrisch sind, ist definitiv normal. 

Was ist Vulva Casting?

Beim Vulva Casting wird mit Hilfe spezieller Körperabdrucktechniken eine exakte Kopie der Vulva angefertigt. Das englische Wort Casting bedeutet übersetzt so viel wie "Abguss" oder "Guss".

Viktoria nannte ihr Vulva-Casting-Projekt "Vulvarium", also eine Sammlung unterschiedlicher Vulven, die aber doch alle irgendwo gleich sind. Die Grazer Künstlerin verwendet für den Abdruck eine hautfreundliche Algenmasse, aus der in liebevoller Handarbeit eine einzigartige Statue entsteht, die sämtliche Erscheinungsmerkmale der Vulva wie Größe, Form, Poren, Narben oder auch Dehnungsstreifen authentisch abbildet. Nur die Behaarung lässt sich bis dato noch nicht abformen, daher sollte man gewaxt, rasiert oder die Haare ganz kurz getrimmt sein. Krug arbeitet bereits an einer Lösung, um auch die verschiedenen Frisuren im Genitalbereich detailgetreu abbilden zu können und auch diesen Vielfältigkeits-Faktor mit einzubinden. 

Wozu das Ganze?

"Es haben sich noch nie so viele Menschen an der Vulva operieren lassen wie heutzutage, weil die Leute denken, sie sind da unten 'falsch'", so Viktoria Krug im Interview. Mit ihrer Arbeit möchte sie insbesondere für Aufklärung und Bildung sorgen sowie Vielfalt aufzeigen, denn: "Wie soll man ohne Aufklärung und ohne selbstbestimmte Sexualität für sich entscheiden können, wo man seine Grenzen setzt? Wie sollst du dich schön und im eigenen Körper wohlfühlen, wenn du nie die Bestätigung bekommst, dass es total normal ist, wie du aussiehst?" 

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Krugs einzigartige Abdrücke repräsentieren Frauen und Menschen mit Vulven in ihrer Diversität und sollen ihnen eine Stimme geben. Hier findet ein Tabubruch statt: Was als privat und schambehaftet gilt, soll als Kunstwerk öffentlich gezeigt und thematisiert werden. Und zwar so wertfrei wie möglich. Die Grazerin betont: "Es braucht nur Worte, um ein Tabu zu brechen." Durch das Gespräch könne man Offenheit über Sexualität fördern und somit zu einem besseren Verhältnis zum eigenen Körper beitragen, ist Krug überzeugt.

Ablauf, Dauer und Kosten des Castings

  • Dauer: Ein bis eineinhalb Stunden
  • Ablauf: Die Person kommt an, Viktoria Krug macht einen Tee und zum Kennenlernen plaudert man in etwa eine halbe Stunde. Die Künstlerin erklärt: "Es geht in der Casting-Sitzung nicht nur um eine tolle Statue, sondern um einen Tabubruch." Anschließend werden Fotos und Statuen von Vulven angeschaut. Sobald man sich wohlfühlt, geht's ans Casten, was ungefähr eine Viertelstunde in Anspruch nimmt. "Es tut nicht weh und ist auch nicht unangenehm", verspricht die "Vulvarium"-Gründerin. 
  • Kosten für Sitzung, Anfertigen der Statue & Farbe nach Wahl: 275 Euro
  • Wo: Termine in Graz kann man relativ spontan vereinbaren, ansonsten ist Viktoria Krug auch oft auf Tour. Demnächst wird sie in Vorarlberg, nahe Basel und Barcelona sein (die genauen Termine findest du hier!)

Übrigens: Jede Person bekommt vor dem Start eine Einwilligungserklärung, dass alles anonym ablaufen wird. Die Person kann selber entscheiden, ob von der eigenen Statue Fotos veröffentlicht werden dürfen oder nicht.