Was tun bei ADHS? Eine Expertin & Unternehmerin klärt auf

Anna Morton ist Gründerin von Amazing 15
15 Prozent der Bevölkerung denken "anders". Doch was bedeutet das konkret und wie geht man bestmöglich damit um?

Bei Legastheniker:innen, Autist:innen oder Personen mit ADHS funktioniert das Gerhin anders. In der Fachsprache werden sie als „neurodivergent“ bezeichnet. In Österreich sind etwa 1,4 Millionen Menschen betroffen. Doch wie erkennt man Symptome und was tun, wenn man betroffen ist? 

Expertin Anna Marton geht im Interview mit k.at darauf ein.

Wie können Betroffene herausfinden, ob sie neurodivergent sind?

Anna Marton: "Die Diagnose erfolgt in der Regel durch klinische Psycholog:innen. Im Internet finden sich eine Reihe an Selbsttests, die zwar keine professionelle Diagnose ersetzen, aber einen Hinweis darauf geben können, ob man selbst neurodivergent ist. Außerdem ist Neurodivergenz bis zu 80 Prozent erblich bedingt. Es ist zu 80 Prozent wahrscheinlich, dass ein oder beide Elternteile neurodivergent sind."
 

Wer also das Gefühl hat, noch nicht sicher zu sein, oder gehört zu werden, kann sich auch direkt an Marton wenden. Sie ist die Geschäftsführerin von Amazing 15 - einer Jobvermittlungsfirma für neurodivergente Menschen. Als Legasthenikerin hat sie bereits in der Schulzeit damit begonnen, die richtigen Lösungsstrategien für sich selbst zu finden. Diesen Ansatz führt sie mit Amazing 15 weiter und versucht mit Stärkenprofilen, neurodivergente Personen an den richtigen Stellen in Unternehmen einzusetzen.

Wie bei Amazing 15 mitmachen?

Anna Marton: "Bewerber:innen machen zuerst unser Assessment. Dieses besteht aus verschiedenen Aufgaben (z.B. zum logischen Denken, Genauigkeit, Konzentration), diese bieten die Basis für das Stärken Profil, bei uns heißt das Skillcard und ist die Grundlage für das „Matching“. Die Aufgaben können von zu Hause aus erledigt werden. Dann folgen Kennenlern-Gesprächen im Rahmen der Talent Days. Danach können die BewerberInnen in unseren Talent Pool aufgenommen werden oder machen zunächst noch eine fachliche Fortbildung an unserer Academy.
 

Dann geht es in Richtung Jobvermittlung bzw. Matching von passenden Jobs bei Unternehmen. Sobald sowohl unsere Kandidat:innen als auch das Unternehmen Interesse an einem Kennenlernen haben, bereitet einer unserer Coaches das Bewerbungsgespräch mit beiden vor und begleitet auch das Bewerbungsgespräch.

Nach einer Zusage von beiden Seiten beginnt das Onboarding inkl. Awareness Workshop mit dem gesamten Team, zudem coachen wir mit unserer „Neurodivergent Power Hour“ das gesamte Team. Das bedeutet, dass die ersten Monate im neuen Job intensiv von einem Coach begleitet werden."

Mit welchen Kosten ist die Job-Vermittlung verbunden?

Anna Marton: "Die Jobvermittlung ist für Personen im Neurodivergenten Spektrum (Bewerber:innen) kostenlos. 
Wir bieten diverse Fortbildungen an, deren Kosten üblicherweise vom AMS übernommen werden können, wenn eine AMS- Meldung vorliegt."

Muss eine Diagnose vorliegen, um den Service in Anspruch nehmen zu können?

Anna Marton: "Es reicht eine Verdachtsdiagnose. Diese kann von Fachleuten ausgestellt werden, noch bevor das Diagnoseverfahren (vollständig) abgeschlossen wurde."

Wissen die Arbeitgeber:innen, dass es sich um neurodivergente Bewerber:innen handelt?

Anna Marton: "Da die Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, explizit nach den Stärken von neurodivergenten Personen suchen, wird die Neurodivergenz immer offen kommuniziert.  Allerdings bietet die Definition Neurodivergent die Möglichkeit, selbst entscheiden zu können, ob man die konkrete Diagnose für sich behält."

Was ist dein persönlicher Zugang zu dem Thema?

Anna Marton: "Mit der ADHS Diagnose meiner ältesten Tochter habe ich aufgrund der Recherche der erblichen Komponente meine eigene Diagnostik veranlasst. Das hat für mich ganz viel zum Positiven verändert. Ich glaube, Courage ist die Wurzel der Veränderung. Und Veränderung ist das, wofür wir Menschen und unsere Zeit derzeit stehen. Sogar chemisch gesehen sind wir Menschen für Veränderung geschaffen."

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