Was passiert eigentlich im Hirn, wenn sich unsere Blicke kreuzen?

Zwei Augenprothesen, die auf einer flachen Hand liegen. Eine grün, eine blau.
Wenn sich Blicke treffen, beginnt im Hirn eine Reihe von komplexen Prozessen, die unsere Gefühle steuern.

Blickkontakt spielt eine entscheidende Rolle in der zwischenmenschlichen Kommunikation und beeinflusst, wie wir Emotionen interpretieren und darauf reagieren. Eine Studie der Universität Würzburg zeigt, wie die Kombination aus Blickrichtung und Gefühlsausdruck unsere Aufmerksamkeit beeinflusst. Die Forschungsergebnisse geben neue Einblicke in die Dynamik menschlichen Verhaltens und die Bedeutung des Blickkontakts.

"Wir konnten zeigen, dass der emotionale Ausdruck von Gesichtern beeinflusst, wie ihre Blicke unsere Aufmerksamkeit lenken", erklärt Dr. Christina Breil, Hauptautorin der Studie.

Blickkontakt: Annäherung oder Abwendung?

Beispielsweise ziehen fröhliche und ärgerliche Gesichtsausdrücke, die beide Annäherungsemotionen signalisieren, unsere Aufmerksamkeit auf sich, wenn Blickkontakt besteht. Im Gegensatz dazu erregen Gesichtsausdrücke, die mit vermeidenden Emotionen wie Ekel oder Angst verbunden sind, mehr Aufmerksamkeit, wenn der Blick abgewandt ist.

In einer früheren Studie hatte das Team herausgefunden, dass neutrale Gesichter, die den:die Betrachter:in direkt anschauen, besonders viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Den Teilnehmer:innen wurden Bilder von Gesichtern auf einem Bildschirm gezeigt und sie mussten schnell reagieren, wenn bestimmte Buchstaben auf den Gesichtern erschienen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmer:innen die Buchstaben schneller erkannten, wenn sie auf einem Gesicht erschienen, das sie direkt ansah.

Gesichtsausdruck und Blickrichtung: Wie sind sie zu deuten?

Was passiert also, wenn der emotionale Gesichtsausdruck mit der Blickrichtung kombiniert wird? Die Forscher:innen stellten die Hypothese auf, dass die Deckung zwischen Gesichtsausdruck und Blickrichtung im Sinne von Annäherung oder Vermeidung einen starken Einfluss hat. Zum Beispiel ist ein fröhliches Gesicht, das einen anschaut, kongruent, weil Freude eine auf Annäherung gerichtete Emotion ist, während ein angewidertes Gesicht, das den Blick abwendet, ebenfalls kongruent ist.

Um dies weiter zu untersuchen, änderte das Team seine Studie. Sie veränderten die Gesichtsausdrücke von neutralen zu Annäherungs- oder Vermeidungsemotionen wie Wut, Angst, Freude oder Ekel. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Proband:innen reagierten am schnellsten, wenn auf neutrale Gesichter fröhliche Gesichter folgten und direkter Augenkontakt hergestellt wurde. Wechselte der Gesichtsausdruck jedoch zu Ekel, war die Reaktionszeit schneller, wenn der Blick abgewandt wurde.

Um ein tieferes Verständnis zu erlangen, checkten die Forscher:innen auch die Augenbewegungen der Teilnehmer:innen. Die Augenbewegungsmuster bestätigten die bisherigen Ergebnisse: 

Gesichter, die Freude ausdrückten und direkten Blickkontakt herstellten, wurden schneller und länger angeschaut, während angewiderte Gesichter, die den Blick abwandten, schneller Aufmerksamkeit erregten.

Wenn du also das nächste Mal an einem belebten Ort Blickkontakt aufnimmst, denke daran, dass in deinem Kopf mehr vorgeht, als du auf den ersten Blick siehst. Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, die Emotionen und Botschaften zu verarbeiten und zu interpretieren, die in diesen kurzen Momenten des Kontaktes übermittelt werden.

Kommentare