Empathische Kommunikation: Wie spricht man über psychische Probleme?

Was in einem wertschätzendem Gespräch besonders wichtig ist.
Psychotherapeutin Eva Tesar gibt Tipps, worauf man in Gesprächen über mentale Gesundheit achten sollte.

Kommunikation ist ein essenzieller Bestandteil unseres alltäglichen Lebens und der Schlüssel, um Gräben zu überwinden und Brücken zu bauen. In der Theorie wissen wir das, in der Praxis gestaltet sich das gar nicht so einfach. 

Jede/r von uns kommuniziert meist so, wie er/sie es für richtig hält. Beachtet man aber ein paar Regeln und geht Kommunikation bewusster an, so lassen sich Spannungen, Missverständnisse und Frust vermeiden. Insbesondere wenn es um Gespräche geht, bei denen dir Sorgen, Ängste und psychische Probleme anvertraut werden.

Beziehung: Kommunikation ist das A und O

Bei Gesprächen in der Partnerschaft kann gute Kommunikation sehr hilfreich sein, um unnötige Streitereien zu vermeiden und grundsätzlich mehr Harmonie und Zufriedenheit in die Beziehung zu bringen. Zudem leistet wertschätzende und ausreichende Kommunikation einen wichtigen Beitrag zur mentalen Gesundheit

Du kennst es bestimmt: Wenn der Schuh drückt, hilft es oft schon, seine Sorgen einfach jemandem anvertrauen zu können. Da muss noch gar keine Lösung her, allein das Aussprechen hat meist eine heilende Wirkung. 

Was ist gute Kommunikation? 

Gute Kommunikation ist insbesondere bewusste und wertschätzende Sprache. Laut Beate Brüggemeier geht es um ein "respektvolles Miteinander auf Augenhöhe, Zufriedenheit und Sinnerfüllung." Ein gutes Konzept ist die Gewaltfreie Kommunikation, die von dem Psychologen und Mediatoren Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Es geht darum, Menschen zu unterstützen, mit sich und mit anderen in empathische Verbindung zu treten und die Anliegen aller am Gespräch beteiligten zu berücksichtigen. So fasst es Kommunikationstrainerin Martina Lehofer-Muhr zusammen. 

No-Gos in Gesprächen

Wir haben die Expertin Eva Tesar befragt, die unter anderem als Psychotherapeutin, Gesundheitspsychologin und Coach in ihrer Wiener Praxis tätig ist. Laut Tesar sind ein paar grundlegende Dinge bei wertschätzender Kommunikation zu beachten. Darunter zählen das Senden von Ich-Botschaften, da Du-Botschaften fast immer als Beschuldigung oder Angriff rüberkämen.

"Erstens kann man an den Ich-Botschaften nicht viel rütteln, denn das ist mein Eindruck und zweitens klingt das ganz anders für denjenigen, dem es gesagt wird, als 'Du hast schon wieder' - da sträubt sich nämlich gleich alles", so die Expertin. 

Als zweites No-Go nennt Tesar generalisierende Worte wie "immer" und "nie", die man im Sinne einer wertschätzenden Kommunikation möglichst nicht verwenden sollte. Ein weiterer wichtiger Punkt sind W-Fragen, also offene Fragen, da diese den Informationsfluss anregen. Auch aktives Zuhören in Form von Blickkontakt, Nicken, kurzem Nachfragen oder bestätigenden Worten tragen laut Tesar zu wertschätzender, guter Kommunikation bei. 

Warum man Floskeln vermeiden sollte

Gesprächspartner:innen tendieren dazu, auf Sorgen, Ängste und Probleme mit Sätzen wie "Mach dir einfach keine Sorgen" oder "Denk nicht mehr darüber nach" zu antworten. Als Grund, weshalb viele Menschen solche Floskeln verwenden, nennt Tesar zum einen die Überforderung, wenn man mit Sorgen und Nöten konfrontiert wird.

Zum anderen würden sich viele auch aufgefordert fühlen, etwas Hilfreiches zu sagen. Der Wunsch, dem anderen zu helfen, sei zwar da, dennoch fühle sich das Gegenüber leicht abgespeist, wenn man solche Floskeln hört. Fühlt man sich nicht wertgeschätzt, wird ein Boden für eventuelle Konflikte gelegt. "Im Augenblick des Schmerzes und der Enttäuschung ist es nicht hilfreich, wenn man nur sagt 'Du, das vergeht schon wieder'", erklärt die Expertin. 

Mental Health: Empathie und Fingerspitzengefühl ist gefragt

Solche Floskeln sind gut gemeint, fühlen sich aber manchmal an "wie eine Ohrfeige". Der/die Betroffene hat den Eindruck, nicht ernst genommen zu werden oder noch schlimmer: Er/sie fühlt sich gar schlecht, da es anderen "ja noch viel schlimmer gehe" und es sich lediglich um "First World Problems" handeln würde. 

Eins ist klar: Der Ratschlag "Denk einfach nicht mehr darüber nach" hat doch noch niemandem wirklich geholfen, oder? Depressive Verstimmungen können durch flapsige Aussagen sogar noch verschlimmert werden. Hier ist Fingerspitzengefühl und Empathie gefragt. Im Grunde wollen wir doch alle nur eines: uns verstanden und angenommen fühlen. 

Bessere Formulierungen sind laut Psychotherapeutin Eva Tesar:

  • "Das kann ich gut nachfühlen, dass ..."
  • "Letztens habe ich so etwas Ähnliches erlebt ..."
  • "Ich kann nachvollziehen, was du empfindest."
  • "Es ist gut verständlich, dass es dir in der Situation schlecht geht."
  • "Ich kenne niemanden, der da nicht traurig wäre."

Alternativen zu "Wie geht's?" 

Weißt du gar nicht weiter, wie du nun richtig reagieren sollst, wenn dir jemand dein Herz ausschüttet, dann stelle ihm/ihr einfach diese Frage: "Was wünschst du dir von mir? Soll ich nur zuhören oder möchtest du einen Ratschlag von mir?" Das signalisiert Empathie und Wertschätzung. Oder probiere es bei deinem nächsten Gespräch einfach mal mit einer der nachfolgenden Fragen. Du wirst sehen, dass die Unterhaltung an Qualität gewinnt. 

Wenn du eine Therapie in Anspruch nehmen willst:

Unkompliziert zur telefonischen Erstberatung: Es gibt eine psychotherapeutische Erstberatungs- und Info-Hotline. Sie ist ein kostenfreies, vertrauliches, professionelles und anonymes Angebot.

Du suchst einen kassenfinanzierten Therapieplatz? Hier erklären wir, wie du am schnellsten zu einem Therapieplatz kommst.

Die ÖH hat eine Kampagne für mentale Gesundheit von Studierenden gestartet. Mehr zu #talkaboutit findet ihr hier.

Wer Selbstmordgedanken hat oder an Depressionen leidet, sollte sich an vertraute Menschen wenden. Oft hilft bereits ein einzelnes Gespräch. Wer für weitere Hilfsangebote offen ist, kann sich rund um die Uhr kostenlos unter der Rufnummer 142 an die Telefonseelsorge wenden. Sie bietet schnelle erste Hilfe an und vermittelt ÄrztInnen, Beratungsstellen oder Kliniken.www.suizid-praevention.gv.at

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