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Corona-Pandemie: Stirbt der One-Night-Stand nun aus?

Einer Umfrage zufolge glauben immer mehr Singles, dass One-Night-Stands nach der Pandemie der Vergangenheit angehören werden.

Nach Ausgangsbeschränkungen und Lockdowns haben viele von uns ihr Sexualleben seit dem Beginn der Corona-Pandemie ins Internet verlegt. Während wir von wilden One-Night-Stands (ONS) nach einem beschwipsten Abend in der Bar träumten, haben wir uns trostlos durch Tinder & Co. geswipet.

Doch könnte es sein, dass uns die "Pandemie-Revolution" in Sachen Sex und Beziehung klargemacht hat, dass ONS doch nicht so der Burner sind?

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Männer würden eher auf One-Night-Stands verzichten

Es könnte tatsächlich sein, dass wir die Lust an ONS verloren haben. Das zeigt auch eine neue Studie des Dating-Portals Plenty Of Fish, bei der 2.900 US-AmerikanerInnen zwischen 18 und 40 Jahren gefragt wurden, inwiefern die Pandemie ihr Dating-Leben beeinflusst hat. 

  • Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der befragten Singles glaubt, dass One-Night-Stands der Vergangenheit angehören, wobei vor allem Männer mit 61 Prozent dieser Meinung eher zustimmten als Frauen (45 Prozent). 
  • 66 Prozent der Singles planen, weiterhin Cyber-Sex zu haben. 
  • Fast sechs von zehn TeilnehmerInnen (57 Prozent) legen nun mehr Wert auf emotionale oder intellektuelle Intimität.
  • 64 Prozent waren zudem der Meinung, dass die Corona-Pandemie ihr Verständnis von Intimität verändert hat. 

Plenty Of Fish vermutet, dass der Grund für das mögliche Aus von One-Night-Stands darin liegt, dass sich die Menschen daran gewöhnt haben, zu sexten, zu telefonieren oder Cyber-Sex zu haben, anstatt mit jemanden im Real-Life intim zu werden.

Auch die potenzielle Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus – oder anderen (Geschlechts-)Krankheiten – ist seit der Pandemie vermehrt in unseren Köpfen verankert. Dadurch dass sich der Aspekt von Hygiene, Virenverbreitung und Social Distancing verstärkt hat, wirken ONS plötzlich nicht mehr so attraktiv wie zuvor. 

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Cyber-Sex: Gemeinsam einsam? 

Die britische Psychotherapeutin Beverley Blackman erklärte gegenüber "Metro", dass wir One-Night-Stands einfach "nicht mehr brauchen" – und dass wir die digitale Verbindung als "effektiven Ersatz" betrachten. Die Expertin glaubt, dass Sexting & Co. den ONS ersetzen könnten. Zudem erzeugt der virtuelle Sex für einige Menschen "genug Intimität" und schützt sie gleichzeitig davor, emotional verletzt zu werden.

Der Beziehungsexperte Neil Wilkie erklärte gegenüber "Metro", dass er es "schade" findet, dass nun alles online passiert. Denn laut dem Psychotherapeuten finden wir One-Night-Stands zwar im Moment aufgrund der Pandemie ziemlich "abstoßend" – wir werden die sexuellen Abenteuer jedoch bald vermissen, glaubt er.

Wilkie befürchtet außerdem, dass virtueller Sex dazu beiträgt, dass man sich isoliert und vereinsamt. Zwar bietet Cyber-Sex auch Orgasmen, die man bei einem One-Night-Stand erleben kann, jedoch bleibt die körperliche Nähe und Verbindung zwischen den PartnerInnen aus.

Laut der Expertin Blackman könnte es auch passieren, dass wir uns nach einiger Zeit zu sehr an unsere "Online-Persönlichkeit" gewöhnen und anschließend Probleme haben, beim echten Sex authentisch zu wirken. Denn im Netz können wir uns geben, wie wir wollen und in mehrere Rollen schlüpfen – im echten Leben fällt uns das viel schwerer. 

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Mehr Achtsamkeit durch die Corona-Pandemie? 

Die Pandemie hat einigen von uns klargemacht, dass wir das Leben vermehrt schätzen sollten. Menschen, die geliebte Familienmitglieder sowie FreundInnen an Corona verloren haben oder selbst mit der Krankheit zu kämpfen hatten, fingen möglicherweise an, ihre Lebensentscheidungen zu hinterfragen.

Obwohl wir während der Corona-Pandemie Angst vor einer Ansteckung hatten und Abstand hielten, hat es uns in gewisser Hinsicht auch verbunden. Freundschaften wurden intensiver gepflegt, Beziehungen überdacht und die Verbindung zur Familie mithilfe von Anrufen, WhatsApp-Texten und Video-Calls so gut wie möglich verstärkt. 

"Die Pandemie hat uns bewusst gemacht, wie wertvoll die Dinge sind, die wir für selbstverständlich hielten und deshalb ändert sich unser Verhalten", stellte Blackman fest. "Wir neigen dazu, unsere Zeit mit Menschen jetzt mehr zu schätzen." Die Expertin geht davon aus, dass wir möglicherweise dadurch auch bei unserer PartnerInnenwahl in Zukunft viel wählerischer sein werden.

Die Kommunikationswissenschafterin Dr. Chelsea Reynolds von der California State University erklärte gegenüber "Metro", dass die Pandemie uns daran erinnert hat, wie schön es sein kann, zu einer Person Vertrauen und eine Verbindung aufzubauen. "Die Pandemie hat uns gezeigt, wie viel Energie wir in all den Nächten in der Kneipe mit einem schlechten Tinder-Date verbraucht haben", sagte Reynolds.

Doch die Forscherin weiß, dass einige Menschen auch während der Pandemie nicht auf ONS verzichtet haben: "Die Wissenschaft zeigt, dass Leute, die One-Night-Stands haben, dazu neigen, mehr Risiken einzugehen", erklärte Reynolds. "Ich bin mir also nicht sicher, ob die Menschen, die One-Night-Stands lieben, in den letzten 16 Monaten tatsächlich aufgehört haben, Gelegenheitssex zu haben. Sie haben einfach das Risiko akzeptiert und sich mit anderen zusammengetan, die gleich gesinnt sind."

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Die Experin deutet an, dass es durchaus möglich sein kann, dass einige Singles dem One-Night-Stand nun abschwören, weil sie sich durch die Pandemie in Bezug auf ihr Liebesleben geändert haben, dennoch lassen sich viele Menschen auch von einer Pandemie nicht davon abhalten, Sex zu haben.