Backlash: Polizei gibt Frauen fragwürdige Sicherheitstipps

Backlash: Polizei gibt Frauen fragwürdige Sicherheitstipps
Die Polizei gibt Frauen Sicherheitstipps, wie sie Männer-Gewalt vorbeugen können. Warum das der falsche Ansatz ist.

Triggerwarnung: In diesem Beitrag geht es um Gewalt gegen Frauen.

Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März kursiert ein Schreiben des Bundeskriminalamtes und des Innenministeriums im Netz. Die Empfehlungen der Initiative "Gemeinsam sicher" richtet sich an Frauen und weiblich gelesene Personen und landet damit eine ordentliche Themenverfehlung, die auf große Kritik stößt.

Im Mittelpunkt der Präventionsmaßnahme steht nämlich die Frau als Opfer, deren Verhalten so indirekt für Übergriffe mitverantwortlich gemacht wird. Das Ganze lässt sich auch unter dem Begriff "Victim Blaming" verbuchen. 

Innenministerium und Bundeskriminalamt geben Frauen Ratschläge für ihre Sicherheit

Unter den "hilfreichen Tipps zum Selbstschutz", wie es auch auf der Website von "Gemeinsam sicher" heißt, finden sich nämlich fragwürdige Verhaltenstipps: Ein "selbstbewusstes Auftreten" oder ein "aufrechter Gang" sollen männlicher Gewalt vorbeugen. Das Verständnis von Gewaltschutz blendet dabei völlig die Täter-Rolle aus. 

Die Aussendung sei laut "Presse" an verschiedene AkteurInnen gesendet worden. Laut der Partei "Links Wien" sei das Schreiben beispielsweise in Bäckereien aufgehängt oder an Bezirksvertretungen geschickt worden. 

"Durch Beachtung und Umsetzung von situationsbedingten Präventionsmaßnahmen können Gefahren vielfach vermieden werden. Gerade durch einfache, allgemeine Hinweise kann man seine persönliche Sicherheit erhöhen", heißt es etwa darin.

Ratschläge wie "Hören Sie auf das eigene Gefühl" oder "Bleiben Sie aufmerksam" sollen Frauen vor Angriffen schützen. Wie ein "selbstbewusster Schritt" oder ein "offener Blick" aber vor gewalttätigen Übergriffen bewahren sollen, wird nicht erläutert. Um "Hilfe zu schreien, kann Täter abschrecken", heißt es weiter. 

Bundeskriminalamt: Sicherheitstipps kein "Victim Blaming"

Auf Nachfrage der "Presse" heißt es seitens des Bundeskriminalamtes: "Es darf darauf hingewiesen werden, dass durch das gegenständliche Informationsblatt in keinster Weise die Schuld für mögliche Übergriffe beim Opfer zu suchen ist und der Vorwurf des Victim Blaming nicht nachvollzogen werden kann."

Polizei gibt Sicherheitstipps: Die Reaktionen

Die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie hat auf Facebook auf das Schreiben reagiert: "Frauen werden für die erlebte Gewalt verantwortlich gemacht", heißt es in dem Posting. "Neben Victim Blaming wird dabei die strukturelle Dimension von patriarchaler Gewalt gegen Frauen ignoriert."

Viele teilten aber auch das "Fixed it for you"-Posting der AktivistInnen-Initiative "aufstehn.at". Statt dem Tipp der Polizei "Machen Sie sich bewusst, dass Vorsicht und Achtsamkeit stets geboten sind", empfiehlt die Initiative: "Machen Sie sich bewusst, dass jede fünfte Frau von männlicher Gewalt betroffen ist. Reflektieren Sie ihr eigenes Verhalten gegenüber Frauen in dieser Hinsicht."

Auch die Partei "Links Wien" hat auf Instagram reagiert. "Anstatt entschieden gegen die Täter und die gewaltvollen, patriarchalen Strukturen vorzugehen, sind die Opfer schuld", prangert die Partei an.

Influencerin Mel, besser bekannt als "Sonnenflume" demonstrierte eindrucksvoll den "aufrechten Gang" und andere Sicherheitstipps der Polizei. Man brauche nicht mehr "zu grübeln, wann Männer endlich zur Verantwortung gezogen werden", erklärt die Influencerin mit Augenzwinkern. Die Polizei hätte nämlich "Die Lösung" gefunden. 

Ähnliche Sicherheitstipps wurden vom Bundeskriminalamt bereits 2018 auf der Website veröffentlicht. Die Kopie des Schreibens, die gerade im Netz kursiert, ist auf der Website aber nicht verlinkt. 

2018 platzierte das Bundeskriminalamt eine Klarstellung vor den fragwürdigen Sicherheitstipps: "Oberste Prämisse ist, dass es keine Rechtfertigung für Gewalt gibt: Die Verantwortung der Tat liegt alleine beim Täter und niemals beim Opfer."

Bist du betroffen?

Falls dir oder einer Person in deinem Umfeld Gewalt oder Missbrauch widerfährt, dann Rede mit einer Vertrauensperson in deiner Nähe darüber oder wende dich an ExpertInnen sowie Beratungsstellen: 

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