Nüchtern Daten, wie gehts?

Unsplash Wil Stewart

"Sober Dating" – nüchtern daten, kann das was?

Was passiert, wenn man eine Zeit lang auf Alkohol verzichtet? Richtig, viele Dinge im Alltag werden sich ändern, so auch Dating.

Willst du mit mir auf ein Bier oder einen Spritzer gehen? Die scheinbar unschuldige Dating-Idee kommt nicht immer ohne Erklär-Bedarf aus schließlich trinkt nicht jede/r selbstverständlich Alkohol. Wieso ist Trinken beim Dating so weit verbreitet und was passiert wenn man "Sober Dating" ausprobiert?

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Alkoholkonsum und soziale Interaktionen

Manche werden es vielleicht durch den "Dry January" bemerkt haben  der Alkoholkonsum wirkt sich auch auf das Liebesleben aus. Wer früher feucht-fröhlich durch einen Abend gesegelt ist, der wird nüchtern seine eigenen Gedanken vielleicht ein wenig lauter hören. Stocknüchtern zu sein, muss aber beim Dating keineswegs ein Nachteil sein, denn so wird das Gehirn weniger vernebelt und man sieht die Person gegenüber klar. So auch, ob sie wirklich zu einem passt, oder eben vielleicht doch nicht so gut.

Laut einer amerikanischen Studie des "American Addiction Centers" trinken sogar 36 Prozent der Befragten bereits vor einem ersten Date Alkohol. Ganze 86 Prozent der StudienteilnehmerInnen trinken in Folge während des ersten Treffens einen oder mehrere alkoholische Drinks.

Zugegeben: Wirklich verrückte Nächte, bei denen man spontan Karaoke singen geht oder in einen Vergnügungspark einbricht, wird es ohne Alkoholeinfluss weniger geben – aber sind solche Aktionen eigentlich nötig, um die große Liebe zu finden? Ich verzichtete mehrere Jahre lang darauf, Alkohol zu konsumieren und war überrascht, wie sich dies auf mein Dating-Leben auswirkte.

k.at-Erfahrung ohne Alkohol

Es begann bei mir persönlich mit einer Art "DryJanuary"-Experiment, das sich dann auf mehrere Monate, sogar Jahre ausweitete. Hat man nämlich erstmal den süßen Geschmack von mentaler Klarheit gekostet und kommt regelmäßig in den Genuss eines Hangover-freien Wochenendes, so entwickelt sich dies zu einem neuen, aufregenden Lifestyle. Ich fühlte mich gesund, fähig und in Kontrolle – was auf eine andere Art und Weise berauschend war.

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Sober Dating als Versuch

Als ich den "sober"-Lifestyle lebte, merkte ich schnell, dass sich dies auch auf meine zwischenmenschlichen Beziehungen auswirkt. Denn Alkohol wirkt oft als soziales Schmiermittel und umschifft unangenehme Stille. Ein Drink schafft sogar Abhilfe bei der ewigen Frage: Was soll ich mit meinen Händen tun? Denn, natürlich, die eine Hand hält das Getränk, die andere gestikuliert wild.

Man befindet sich schließlich in einem angeregten, beschwipsten Gespräch. Vor allem beim Dating eröffneten sich mir so manche Hürden. Habe ich mich zum Kaffee verabredet, so kam das Thema meist gar nicht auf. In einer Bar hingegen wurde ich schnell darauf angesprochen, weshalb ich jetzt nur eine Cola bestelle: "Und, warum trinkst du jetzt nichts? Ich dachte, wir trinken jetzt gemütlich einen Spritzer!"

Dass ein erstes Date nicht immer die natürlichste Situation ist, ist selbstredend. So kommt aber unangenehmerweise auch noch die Erklärnot dazu, bei der man sich, ob des sozialen Drucks, entweder in eine Ausrede flüchtet oder klipp und klar erklärt, weshalb man keinen Alkohol trinkt. Denn schließlich wird man durch dieses Detail gezwungen, etwas über sich selbst preiszugeben, wozu man vielleicht noch nicht bereit ist (weil man die Person noch nicht kennt). Aber so als Tipp, mit dem man das Thema ganz einfach als erledigt erklärt, ist die Aussage: "Es schmeckt mir einfach nicht. Ich trinke heute/generell nicht."

Wie tief Alkohol in unserer Gesellschaft verankert ist, merkt man meist erst, wenn man die einzig nüchterne Person am Tisch ist.

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Betrunkene Statistik

Alkohol beeinflusst nämlich nicht nur beim Dating unsere sozialen Interaktionen – immerhin wirkt sich Alkohol laut "DW" stark auf das zentrale Nervensystem aus und beeinflusst unsere Neuro-Transmitter. Der Konsum unterdrückt also im Gehirn die Fähigkeit Situationen rational einzuschätzen. Man ist weniger gehemmt, aber eben auch weniger zurechnungsfähig.

Der Psychologe Greg Cason sagte gegenüber  "Huffpost" sogar, wer beschwipst ist, ist eher gewillt seine Standards beim Dating zu senken. Laut Studie bevorzugen Frauen es eher, nüchterne Dates zu haben als Männer, schließlich wurde in einer Studie aus 2017 Alkohol mit aggressivem Dating-Verhalten in Zusammenhang gebracht.

Und ist man außerdem, wie so viele, schrecklich nervös vor jedem Date, ist das Chaos fast perfekt. Nicht nur ich habe mich schonmal vor Aufregung an einem Weinglas festgehalten. Läuft der Schmäh ganz natürlich, ist das umso besser! Doch das ist wahrlich nicht immer der Fall. Ob der ungewohnten Situation ist es manchmal schwierig mit jemandem Gemeinsamkeiten zu finden und man muss sich erst "eingrooven". Alkohol beschleunigt oder ermöglicht dies ungemein – kein Alkohol bedeutet also mehr "Arbeit" in der Unterhaltung.

Vielleicht ist die Sache aber in Folge auch mehr wert?

Wer nur eine Cola oder ein Wasser bestellt und keine übertriebenen Faxen des Gegenübers kassiert, der hat bereits etwas Wichtiges über sein Date gelernt. Schließlich sollte doch niemand für seinen nicht vorhandenen Alkoholkonsum verurteilt werden, beziehungsweise sollte jede/r so akzeptiert werden, wie er/sie ist. Gestaltet sich das Gespräch dann auch stocknüchtern als kurzweilig und angeregt  ein Traum! Am Ende des Abends kann man sich sicher sein, dass man sich korrekt erinnert hat und die Person tatsächlich toll oder eben vielleicht doch nicht so prickelnd war. Alkohol hat nämlich nicht dazu beigetragen die Sicht zu vernebeln.

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Wer nüchtern schmust, ist fix zam

Als ich ein echt gutes (nüchternes) erstes Date hatte, war schnell klar: Diese Person mag ich tatsächlich gerne und ich will sie auch unbedingt wiedersehen. Es wurden keine Grenzen überschritten und man lernte sich langsam kennen. Bis es dazu kam, da muss ich ehrlich sein, hatte ich einige mühsame Konversationen, in die ich auch Arbeit reinstecken musste, um sie zum Laufen zu bringen. Wirklich schlimm war dies aber am Ende dennoch auch nie. Und als schließlich nüchtern geschmust wurde, ja, da war man quasi fix zusammen.

Auf die Intuition hören

Wenn man tief in sich hineinhört, findet man meistens bereits die Antwort auf viele Fragen. Und nüchtern hört man seine innere Stimme, seine Intuition, meist besser. Das Bauchgefühl ist schließlich ein anderes, wenn dieser nicht erst mit mehreren Cocktails gefüllt wurde. Meistens weiß man doch innerhalb von Sekunden, ob man eine Person romantisch in Betracht zieht, oder eben nicht.

Weshalb also Zeit mit halbherzigen Drinks und Lippenbekenntnissen vergeuden?