Kann man auch ohne Hobbys glücklich sein?
Lernt man neue Menschen kennen, werden meist folgende Eckpfeiler direkt abgesteckt: Beruf, Wohnort, Beziehungs-/Familienstatus, Sternzeichen und außerdem: Hobbys.
Was aber, wenn man sich nicht ein bis drei Aktivitäten privat über mehrere Jahre gewidmet und diese leidenschaftlich betrieben hat? Dann hat man wohl keine passende Antwort auf die Hobby-Frage und gilt demnach als hobbylos. Danach folgt meiner Erfahrung nach in der Konversation meist ein irritierter Blick, betretenes Schweigen, irgendjemand stammelt etwas von lesen oder reisen und man spricht schnell über etwas anderes wie Cerveza oder die Balearen.
Was ist die Definition von Hobby?
Hobbylos bedeutet, keine Freizeitaktivität regelmäßig und mit Leidenschaft auszuüben. Aber was wird in unserer Gesellschaft eigentlich als Hobby definiert? Vielleicht Dinge wie Schachspiel, Briefmarken sammeln, Federball oder schlicht und einfach Bücher lesen?
Der "deutsche Wortschatz" definiert Hobby als eine angenehme Neben- oder Freizeitbeschäftigung. Soziologisch ist der Begriff laut Uni Linz sogar als Ausgleich zur Tagesarbeit zu verstehen. Diese Aktivität wird mit Eifer und aus Interesse betrieben, nicht der Barzahlung wegen.
Leidenschaft zum Beruf machen
Was passiert aber, wenn sich jemand das Hobby zum Beruf gemacht hat? Bestimmt nicht wenige sind dem neoliberalen Tenor gefolgt und haben sich ihre Karriere aus ihrer Leidenschaft gebaut. Du liebst Mode? Natürlich arbeitest du dann in ebendiesem Bereich. Als Fitness-InfluencerIn lässt sich auch gut Geld verdienen.
Der Joballtag hört nur nach getaner Arbeit meistens nicht auf. Denn sind auch die ArbeitskollegInnen oft zu (besten) FreundInnen geworden, ist man doch thematisch so kompatibel. Oder man setzt sich privat mit Dingen auseinander, die einen einfach interessieren, aber gleichzeitig wieder auf Berufliches einzahlen.
Abgrenzung von Freizeit und Beruf
Sich von seinem Day-Job abzugrenzen, gestaltet sich nämlich als zunehmend schwierig. Vielleicht kann ich schlafen oder Kuchen essen auch als Hobby abtun, auch wenn es eher dazu dient, emotional wieder in meine Mitte zu finden. Genau das ist doch die Definition eines Hobbys? Vielleicht ist es doch gewöhnlicher als man denkt, mittlerweile einfach hobbylos zu sein. Und das ist auch okay so. Ich persönlich möchte mich gerne davon distanzieren, auch in meiner Freizeit in irgendeiner Art und Weise "performen" zu müssen.
Keine Hobbys und happy?
Wenn ich persönlich nach meinen Hobbys gefragt werde, dann weiß ich oft nicht, was ich darauf antworten soll. Ich schreibe gerne, aber das mache ich auch beruflich. Ich bin neugierig, recherchiere oder gehe zu Ausstellungen oder Veranstaltungen – ebenfalls oftmals im Rahmen meines Berufs. Bin ich weniger wert, weil ich keine klar definierte Antwort auf die Frage nach meinem Hobby habe? Schließlich schreie ich nicht sofort "Malen nach Zahlen" oder Ähnliches.
Ich war niemals ein "Pferdemädchen" oder eine Ballerina. Den Klavier- und Geigenunterricht habe ich abgebrochen. Manchmal blicke ich zurück und ärgere mich, dass ich dies nicht weiter verfolgt habe. Aber ist es nicht so, dass man Dinge, die man wirklich will und die man ehrlich liebt, auch festhält? Was in der Liebe gilt, passt vielleicht auch für die Freizeitgestaltung.
Hobby und Persönlichkeit
Wer hobbylos ist, hat vielleicht auch einfach zu viele Interessen, als sich auf einige wenige festnageln zu lassen. Es wirkt, als könnte man eine Person nur dann adäquat einordnen, wenn sich diese sich mit manchen Themen (über)-identifiziert, also Tennis-Fan oder Bücher-Ratte ist. Schnell gleitet dies in die verkehrte Richtung ab, nämlich, dass Personen aufgrund ihrer Vorlieben in ihrem Charakter und ihrer Persönlichkeit definiert werden, à la: Tennis-Toni oder Yoga-Maria und mehr.
Ich möchte doch eine ganze Menge verkörpern, als nur dafür bekannt zu sein, beispielsweise gerne reiten zu gehen. Wenn mich in Zukunft jemand nach meinem Hobby fragt, werde ich weiterhin schwammige Antworten geben und den peinlichen Tanz mit dem Gegenüber vollends genießen. Weiß ich doch schließlich selber, dass ich auch ohne klar definiertes Hobby eine wertvolle Person bin. Und wie andere mich einordnen, soll erstmal nicht meine Sorge sein.
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