Generationen und Arbeitsmoral: Gibt es überhaupt Unterschiede?

Gruppe von fünf Leuten sitzt an weißen Arbeitstischen und blickt auf einen PC-Bildschirm
Arbeiten die Jungen nicht vielleicht schon immer ungern? Eine Studie bricht mit gewohnten Klischees.

Entgegen der landläufigen Meinung und zahlreicher Klischees zeigt eine neue Studie, dass sich die Einstellungen zu Arbeit und Karriere zwischen den Generationen nicht wesentlich unterscheiden. Ein Forscher der Universität des Saarlandes sagt, dass dieses Ergebnis das weit verbreitete Bild widerlegt, junge Menschen seien nicht bereit, hart zu arbeiten, und dass die Arbeitsmoral der Babyboomer und älterer Generationen als erstrebenswert angesehen wird.

Der Autor der Studie, Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität des Saarlandes, begann mit der Untersuchung, nachdem ihm ein Verlag einen lukrativen Buchvertrag angeboten hatte. Nach der Analyse von Hunderttausenden von Datensätzen aus vier Jahrzehnten stieß Schröder jedoch auf einige unerwartete Ergebnisse.

Klischees sind genug bedient

Diese deuten darauf hin, dass es sich bei den Stereotypen über Millennials und Boomer größtenteils um Klischees handelt, die keine empirische Grundlage haben. Die Forschung zeigte, dass die wahrgenommenen Unterschiede in der Arbeitseinstellung zwischen den Generationen von den Babyboomern bis zur Generation Z nicht so ausgeprägt sind, wie gemeinhin angenommen.

"Wie bei allen Klischees ist natürlich ein Körnchen Wahrheit dran, aber bei genauerem Hinsehen sind die Unterschiede zwischen den Generationen gar nicht so groß", erklärt Schröder. "Es kommt darauf an, in welcher Lebensphase sich die Menschen befinden, wenn man sie nach ihrer Arbeitsmoral oder ihrer Einstellung zur Arbeit fragt."

Schröder erklärt, dass die Generationenhypothese, die besagt, dass die Einstellung durch das Geburtsjahr beeinflusst wird, von "Alterseffekten" und "Periodeneffekten" überlagert wird, wenn diese berücksichtigt werden.

Umfassende Analyse zu verschiedenen Generationen und Arbeitsmoral

Schröder verwendete Daten von fast 600.000 Personen aus der "Integrated Values Survey", einer Umfrage, in der zwischen 1981 und 2022 Menschen in 113 Ländern befragt wurden. Diese Erhebungen deckten verschiedene Aspekte der Einstellungen zu Arbeit und Karriere ab, einschließlich der Motivation und der Bedeutung von Faktoren wie Freizeit, Arbeitszeit und Arbeitszufriedenheit. Das wichtigste Ergebnis war, dass die Generationenzugehörigkeit wenig bis gar keinen Einfluss auf die Antworten hatte.

Laut Schröder gibt es mehrere Gründe für das Fortbestehen des Generationsmythos am Arbeitsplatz: Zum einen seien jüngere Menschen schon immer weniger arbeitswillig gewesen als Arbeitnehmer mittleren Alters, andererseits werde Arbeit heute als weniger wichtig angesehen als früher.

Forscher warnt vor "Generationalismus"

Zweitens vereinfacht das Konzept des "Generationalismus" die Erklärung der Welt, indem es Menschen in Kategorien einteilt, um sie zu vergleichen, was zu gefährlichen "-ismen" wie Sexismus und Rassismus führen kann.

"Wenn wir nicht aufpassen, landen wir bei unbegründeten Verallgemeinerungen, die in der Realität keine Grundlage haben", sagt Schröder.

Schließlich leben manche "Jugendforscher" und "Generationsgurus" davon, Unterschiede zwischen den Generationen zu propagieren trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Belege.

"Der dritte Grund, warum wir dazu neigen, Generationeneffekte zu unterstellen, wo es in Wirklichkeit keine gibt, ist, dass diese Behauptung für manche die Grundlage ihres Lebensunterhalts ist", betont Schröder.

Schröders Ergebnisse deuten darauf hin, dass es nicht nur unnötig, sondern auch irreführend sein könnte, bei der Einstellung zur Arbeit zwischen den Generationen zu unterscheiden.

"Wer nachweist, dass es keinen Sinn macht, zwischen den Generationen zu unterscheiden, wird natürlich auch finanziell nicht davon profitieren. Für solche Erkenntnisse muss man tief in die Daten eintauchen, in der Regel von einem Universitätsprofessor", scherzt Schröder.

Die Studie wurde im Journal of Business and Psychology veröffentlicht.

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