"Sludge Content" auf TikTok: Aufmerksamkeit adieu?

iPhone zeigt TikTok-Logo vor pinkem Hintergrund
Sludge Content: Die eine Hälfte des Bildschirms erzählt mir eine Geschichte, die andere zeigt Subway Surfers.

In der Welt der sozialen Medien, insbesondere auf Plattformen wie TikTok, über Instagram Reels und YouTube Shorts hat sich "Sludge Content" zu einem faszinierenden Phänomen entwickelt. Dabei werden zwei oder mehr Videos in einem Beitrag kombiniert, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu maximieren. Häufig wird dabei Gameplay-Material aus dem beliebten Spiel Subway Surfers verwendet.

Sludge Inhalt und Aufmerksamkeit

Sludge-Videos sind ein Dorn im Auge unserer Kultur: Sie sind perfekt darauf ausgerichtet, die Aufmerksamkeit auf das Video zu lenken, ignorieren aber fast alle anderen Aspekte menschlicher Unterhaltung wie Intelligenz, Humor und Emotionen. Jeder, der schon einmal im metaphorischen TikTok-Matsch stecken geblieben ist, weiß, wie sinnlos diese Videos und ihr Konsum sind.

Die Clips sind oft so geschnitten, dass sie sich auf Instagram & Co. perfekt wiederholen, sogenannte "perfect loops". Während man sich auf den (teils von einer KI) gesprochenen Inhalt konzentriert, werden die Augen mit gekonnten Sprüngen in einem Videospiel berieselt. Viele Nutzer:innen berichten, dass sie sich beim Anschauen solcher Videos "beruhigt" und "geborgen" fühlen.

Warum können wir nicht wegsehen?

Wie gebannt starren wir auf die nächste Seife, die zerschnitten wird, während nebenan eine Folge von "Young Sheldon" läuft und darüber ein Podcast-Clip. Diese Art der Unterhaltung ist nicht neu, wohl aber das Medium und die Verbreitungswege. In ihrem ausführlichen Video "Everything is Sludge" erwähnt YouTuberin Lily Alexandre, dass Kinder unter etwa fünf Jahren eigentlich alles anschauen wollen, solange es bunte Bilder, für sie wiedererkennbare Figuren oder lustige Animationen enthält. Handlung und künstlerischer Anspruch fehlen - und sind hier auch nicht nötig.

Aber auf TikTok sind wir alle in gewisser Weise Kinder: Wir lassen uns bespielen, so wie man uns früher zum Beispiel Cartoons gezeigt hat. Das Ziel dieser Art von Unterhaltung war schon immer eher die apathische Ablenkung als die Vermittlung wertvoller Informationen. Hinzu kommt, dass TikTok diese Art von Inhalten belohnt. Videos, die "für den Algorithmus" gemacht werden, können den Menschen eben nicht wirklich gefallen, sie hypnotisieren aber fast zu einem einfachen Like und Weiterwischen genau das, was TikTok und den Creators am Ende am meisten Geld einbringt.

Hinzu kommt, dass TikTok im Gegensatz zu Meta & Co. kaum Maßnahmen ergreift, um den Diebstahl geistigen Eigentums zu verhindern. So ist es nicht verwunderlich, dass ich über die Sitcom "Young Sheldon" mitreden kann, ohne jemals eine ganze Folge bewusst gesehen zu haben –  der TikTok-Matsch hat es mir erzählt, aufgeteilt auf 17 Videos.

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