"Manterrupting": Fallen Männer Frauen häufiger ins Wort?
"Herr Vizepräsident, ich spreche gerade. Ich spreche gerade", wies Kamala Harris den damaligen US-Vizepräsidenten Mike Pence bei einer TV-Debatte rund um die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020 in die Schranken, als dieser ihr zuvor ins Wort gefallen war. Seit Anfang 2021 ist Harris selbst Trägerin dieses Amtes und wurde unter dem Hashtag #Imspeaking in den sozialen Netzwerken für ihre Zurechtweisung gefeiert.
Das sogenannte "Manterrupting" zeigt ein problematisches Kommunikationsverhalten, das laut Studien insbesondere bei Männern auftreten soll.
"Mansplaining" als Vorreiter für Wortschöpfung
Vorreiter für das Kofferwort war der Begriff "Mansplaining", der sich aus den englischen Wörtern "Man" (zu Deutsch: Mann) und "Explaining" (zu Deutsch: erklären) zusammensetzt. Er bezeichnet Erklärungen von Männern, die generell davon ausgehen, besser über den Gesprächsgegenstand informiert zu sein als das (meist) weibliche Gegenüber.
Eine Aufsatzsammlung der US-amerikanischen Schriftstellerin Rebecca Sonit aus dem Jahr 2008 diente als inhaltliche Grundlage für die Wortneuschöpfung. Den Essay "Men Explain Things to Me" schrieb Solnit, nachdem sie auf einer Veranstaltung von einem Mann unterbrochen wurde, der ihr ihr eigenes Buch erklären wollte – er wusste nicht, dass sie selbst die Autorin war. Zwar erfand Sonit nicht den Begriff "Mansplaining", er wurde aber im Zuge ihrer Essay-Erscheinung von einem Kommentator auf der Website "LiveJournal" genannt, wie "Columbia Journalism Review" berichtet.
Bedeutung von "Manterrupting"
Der noch nicht so weit verbreitete Begriff "Manterrupting" wurde nun ins Leben gerufen, um einem bestimmten Kommunikationsverhalten, welches Machtasymmetrien zwischen Geschlechtern aufzeigt, einen Namen zu geben. Das Kofferwort setzt sich aus "Man" und "Interrupting" (zu Deutsch: unterbrechen) zusammen und bezeichnet das Unterbrechen einer Frau bei einer Unterhaltung durch einen Mann.
Aber kann man das so pauschal sagen, dass insbesondere Männer Frauen häufig ins Wort fallen? Schließlich unterbrechen auch Frauen ihre Kommunikationspartner:innen.
➞ Sehen wir uns kurz an, was die Wissenschaft dazu sagt, denn über das Verhältnis wollen Studien mehr wissen.
Studien belegen: Männer unterbrechen Frauen häufiger
Wie etwa der "Telegraph" berichtet, werden einer US-amerikanischen Studie zufolge Frauen in Jobinterviews häufiger unterbrochen als Männer. Somit haben Bewerberinnen schlechtere Chancen, ihre Fähigkeiten gut zu verkaufen.
In einer weiteren Studie konnte nachgewiesen werden, dass Männer Frauen dreimal häufiger unterbrechen als einen anderen Mann. Die Untersuchung legt nahe, dass Männer in Besprechungen häufig in einer dominanten Art sprechen, die alle anderen Personen im Raum nahezu zum Schweigen bringen soll – im Gegensatz zu Frauen.
Klar ist, dass Phänomene wie das "Manterrupting" nicht pauschalisiert werden sollten, nichtsdestotrotz weisen Studien darauf hin, dass im Vergleich zwischen Frauen und Männer letztere eher dazu tendieren, weibliche Gesprächspartner:innen zu unterbrechen. Und zwar nicht nur häufiger, sondern auch unfreundlicher. Die unterschiedliche Sozialisierung mag einer der Gründe für den Ursprung männlicher Rededominanz sein. Doch auch Frauen neigen laut Studien dazu, eher andere Frauen als Männer in einer Konversation zu unterbrechen, wie die "Süddeutsche" berichtet.
Was tun, wenn man im Gespärch unterbrochen wird?
Sowohl Männer als Frauen sollten daran arbeiten, den Impuls, das Wort an sich reißen zu wollen, unter Kontrolle zu bekommen. Wird man mitten im Satz unterbrochen, kann man beispielsweise folgende Tipps anwenden:
- In einer bestimmenden Art und Weise einfach weitersprechen und die Unterbrechung somit nicht gelten lassen.
- Das Gegenüber darauf aufmerksam machen, mit Worten wie "Lass mich bitte noch zu Ende sprechen" oder "Du hast mich gerade unterbrochen, ich war noch nicht fertig!"
- Den anderen nach der Unterhaltung unter vier Augen auf die Problematik ansprechen.
- Kommunikations-Coachings absolvieren, die dabei helfen, in Teams Bewusstsein für "Mansplaining" zu schaffen.
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