Ciao, Freundschaft? Wenn die (beste) Freundin ein Kind bekommt

Ciao, Freundschaft? Wenn die (beste) Freundin ein Kind bekommt
Kind kommt, Freundschaft geht? Gedankenaustausch zwischen einer kinderlosen Frau und einer jungen Mutter.

Mit Anfang dreißig sollte es mich eigentlich nicht überraschen, wenn Freundinnen mir die Nachricht überbringen: "Ich bin schwanger!" Und für gewöhnlich sollte ich mich für sie mitfreuen und ihre überwältigenden Gefühle teilen. Was ich nach außen hin auch tue, da es mir sehr wichtig ist, ihnen ein gutes Gefühl zu geben.

Doch in Wahrheit zieht es mir jedes Mal aufs Neue den Boden unter den Füßen weg – zumindest für den ersten Moment. Weil ich Angst habe, dass unsere Freundschaft in der Form, in der es sie bis jetzt gab, ein Ende finden könnte. Weil ich Bedenken habe, dass uns die unterschiedlichen Lebensrealitäten trennen werden. Weil ich Panik habe, sie an das Kind zu verlieren. Und mir auch schwant, dass mir womöglich eine gewisse Erwartungshaltung entgegenschwingen wird und mir mehr Unterstützung abverlangt werden könnte, als mir lieb ist.

Ich, ich, ich. Schon auch ein wenig egoistisch von mir, immerhin gehen meine Freundinnen einfach nur den Weg, den ihr Herz ihnen vorgibt. 

Ich selbst bin kinderlos, habe bis jetzt auch noch nie den Wunsch danach verspürt. Um ehrlich zu sein, ist es vielmehr mein Wunsch, keinen Nachwuchs in die Welt zu setzen. Mein Sexleben wird oft von einer leicht panischen Angst, ungewollt schwanger zu werden, begleitet. Warum das so ist, kann ich mir selbst nicht erklären, da ich in einer Großfamilie aufgewachsen bin und das bis heute noch genieße. Zwei meiner Schwestern sind auch bereits Mutter geworden. Der Bezug dazu fehlt mir also nicht.

"Warum willst du keine Kinder?"

In einer Welt, in der Kinderkriegen die Norm ist, fühle ich mich häufig nicht nur alleine, sondern habe auch stets das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. Kommt das Thema zur Sprache, werde ich zunächst mit der "Warum willst du denn keine Kinder?"-Frage konfrontiert. Nachdem ich meine Gründe genannt habe, folgen ungefragt Argumente, die mich eines Besseren belehren sollten:

  • "Das kommt schon noch, warte ab!"
  • "Echt schade, du wärst doch bestimmt eine tolle Mama!"
  • "Das hab ich auch immer gesagt, das kann sich schnell ändern!"
  • "Wenn der 'richtige' Mann da ist, wird sich deine Meinung wahrscheinlich ändern!"
  • "Vielleicht bereust du es, wenn du älter bist?"
  • "Hast du nicht Angst, im Alter alleine zu sein?"

Ich würde mir wünschen, dass meine Entscheidung akzeptiert wird und nicht versucht wird, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Menschen mit Kinderwunsch begegne ich auch nicht mit Worten wie: "Und wieso wollt ihr Kinder in die Welt setzen? Wartet ab, der Wunsch kann sich schnell ändern! Vielleicht bereut ihr es ja auch ..."

So richtig präsent wurde die Thematik in meinem Leben erst, als eine meiner Schwestern, mit der ich am meisten vertraut bin, beschlossen hat, ein Kind zu bekommen. 

Meine Schwester und ich waren unzertrennlich – bis sie Mama wurde

Wir waren wie beste Freundinnen, wie Pech und Schwefel. Ich erinnere mich gerne an die Abende zurück, als sie in meine Wohnung kam, wir uns ein paar Drinks gönnten und ich sie schminkte, während im Hintergrund die Lieder gelaufen sind, die wir mit unserer Jugend verbanden. Crazy Towns "Butterfly" und Cam'rons "Hey Ma" haben uns immer besonders beflügelt und sexy fühlen lassen. Wir haben Selfies gemacht, getanzt und zusammen getindert.

Eines Tages kam die Nachricht, dass meine Schwester schwanger ist. Es war wie ein Schlag ins Gesicht für mich, um ehrlich zu sein. Ich ahnte, dass sich ihr Lebensmittelpunkt verlagern wird und sah mich schon an den Rand gedrängt. Damit sollte ich eigentlich umgehen können, habe ich doch fünf Geschwister und weiß, wie es sich anfühlt, wenn Platz für viele da sein muss. So jedenfalls die Theorie.

In der Praxis sah es anders aus: Die ersten Jahre waren schwierig für mich – wohl kein Vergleich dazu, wie schwierig es für meine Schwester gewesen sein muss, deren Beziehung kurz nach der Geburt zerbrach und sie die neue Situation die meiste Zeit alleine meistern musste. Ich brauchte lange, um mich an die veränderten Lebensumstände zu gewöhnen. Da war plötzlich dieses kleine Wesen, das Mamas volle Aufmerksamkeit abverlangte. Ich wollte meinen Beitrag leisten und versuchte, sie zu unterstützen, wo es nur ging. 

Eifersucht machte Platz für Liebe und Wachstum

Einige Jahre sind ins Land gegangen und meine Nichte ist mittlerweile sieben Jahre alt. Aus der anfänglichen Eifersucht, deren Problem ja offensichtlich bei mir lag, wurde nun Liebe, Unterstützung und Wachstum. Was mich besonders erfüllt, ist die Zuneigung, die mir meine Nichte schenkt. All die Jahre habe ich mich sehr um sie bemüht und ich habe das Gefühl, mindestens das Gleiche zurückzubekommen.

Wenn wir uns treffen, so strahlt sie über das ganze Gesicht, sobald sie mich sieht. Nur Sekunden später kommt sie auf mich zugelaufen und umarmt mich. Ich könnte platzen vor Glück, wenn ich sehe, wie gern sie mich hat.

Eines ist mir klargeworden: Veränderungen sind Teil des Lebens und wenn man sich darauf einlässt, so kann man statt Verlust einen Zugewinn empfinden – an persönlicher Entwicklung, Herzenswärme und Familie. 

Wie empfindet eine Mutter die Veränderung von Freundschaften?

Doch wie sieht das eigentlich auf der anderen Seite aus? Wie empfindet eine (werdende) Mutter die Situation? Welche Ängste, Bedenken und Gedanken hat sie dabei? Das erzählt uns eine junge Frau, die Mama einer zweijährigen Tochter ist.

Der Struggle mit Spontanität und Baby

Meine beste Freundin bekam ein Jahr vor mir ihr Baby. Nach der Geburt wurde unser Kontakt sporadisch, unsere spontanen Treffen zu einer Seltenheit. Wenn wir es mal schafften zu telefonieren, drehte sich alles rund um das Baby. Ich hörte zu, versuchte Hilfe anzubieten, jedoch konnte ich mich nicht wirklich in ihre Situation hineinversetzen – bis ich selbst schwanger wurde.

Themen, wie Fremdbestimmung, Müdigkeit und Einsamkeit, über die meine Freundin sprach, wurden auch plötzlich zu meinem Alltag. Ich sehnte mich nach Gesellschaft, einer Ablenkung, um ein wenig der großen Verantwortung, die man mit sich trägt, zu entfliehen. Während ich mit meiner neuen Situation struggelte, hatte meine beste Freundin ihr Leben als Mama besser im Griff.

Es schien, als ob alle Naturgesetze gegen unsere Freundschaft arbeiten würden: die räumliche Distanz (sie wohnt im 10. Bezirk, ich im 22.) und die neuen Lebensumstände ließen sich nicht mit unserer einstigen Spontanität vereinbaren. Erst mit der Zeit, als ich eine Routine mit meinem Baby gefunden habe, fanden wir eine alternative Lösung zu unseren Treffen: Video-Calls. Die Ratschläge meiner Freundin, und ihre Erfahrungen, sowie die wöchentlichen Anrufe, halfen mir damals durch eine schwierige Zeit.

Freundschaft erfordert viel Geduld und Verständnis

Unsere Treffen werden nicht mehr die spontane Leichtigkeit von damals tragen, da sie genau geplant und koordiniert werden müssen. Wenn wir es aber schaffen uns zu sehen, dann machen wir dort weiter, wo wir quasi stehen geblieben sind. Es erfordert viel Geduld und Verständnis eine Freundschaft mit Kindern aufrecht zu halten, umso mehr schätzt man allerdings die Menschen, die Hilfe anbieten und sich weiterhin melden, auch wenn man selbst nicht immer auf jede Nachricht reagieren kann.

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