Genug mit den TikTok-Trends: Weshalb sie zu viel des Guten sind!

Es gibt zu viele TikTok-Trends, meiner Meinung nach!
TikTok-Trends fluten das Internet und unsere Gespräche. Was steckt dahinter und weshalb ziehen sie uns so in ihren Bann?

Brauner Nagellack wird zu "Cappuccino Nails", eine einfache Jause wird zum "Girl Dinner", Freundschaft beenden wird zum "Ghost Trend" oder Frauen, die gerne reisen und sich für Nachhaltigkeit interessieren, werden zu "Granola Girls". TikTok liefert neben lustigen Videos auch Life-Hacks, Musik, Tänze, DIY-Ideen und Kommentare zu allen erdenklichen Themen.

Speziell gesellschaftliche Trends scheinen über die Videoplattform große Verbreitung zu finden. Dabei geht es aber meistens nicht um bahnbrechende neue Ideen, sondern eher um Alltagssituationen und spezifische Details, die man bereits kennt – nur, dass diese nun einen klingenden Namen verpasst bekommen. Reicht es langsam mit den TikTok-Trends?

Verbreitung von abstrakten Ideen über TikTok

Ganz im Sinne der Verbreitung und Vermarktung von Ideen wird aus Rote-Rüben-Penne eine "Pink Pasta". Das ist doch gleich viel eingängiger, als das, was es sonst nüchtern beschreibt. Ein "Vanilla Girl" ist nicht einfach nur Vanille-Farben gekleidet, nein, es ist so viel mehr: bescheiden, (oft) blond, unaufgeregt. Es ist ein Archetyp und damit kann das Gehirn dank der vielen Assoziationen einiges anfangen. Schließlich lassen sich klar abgesteckte Konzepte direkt in eine Schublade ablegen und praktisch einordnen. Wir wissen endlich, was wir von gewissen Dingen zu halten haben. Unsere Emotionen werden durch kreative Ausdrücke geweckt. Vor allem, wenn man nun die passenden Wörter für Phänomene gefunden hat, die vorher schwer greifbar waren, aber doch in der Luft lagen. Danke, TikTok!

Dating-Trends auf Tiktok

Vor allem bei sogenannten Dating-Trends fühlen sich viele Nutzer:innen verstanden. Schließlich hat das negative Verhalten des Flirts auf einmal einen Namen und man kann direkt sagen (oder kommentieren): "Wow, genau das ist mir auch passiert." Wer schon einmal "Opfer" von "Cloaking", also öffentlich sitzengelassen, wurde, fühlt sich verstanden und weiß seinen:ihren Ärger vielleicht wieder in natürliche Bahnen zu lenken. Oder zumindest aktivistisch in Videos andere Betroffene aufzuklären und vor den Übeltäter:innen zu warnen. Achtung, es ist wild da draußen! Die Likes und Views kann man so praktischerweise auch noch abgreifen, weil die Community sowieso gerade über besagtes Thema spricht, nicht wahr?

Was ist überhaupt ein "Trend"?

Das Wort "Trend" wird umgangssprachlich oft missverständlich gebraucht. Das wird einem spätestens dann bewusst, wenn man sich wundert, weshalb es jetzt der letzte Schrei ist, andere Menschen romantisch ewig am Haken zu haben – das nennt sich übrigens "Caspering". Solch ein Verhalten ist natürlich weder erstrebens- noch begrüßenswert. Weshalb wird es dann trotzdem als Trend bezeichnet? Ganz einfach, weil ein Trend laut "Wirtschaftslexikon" nur anzeigt, dass sich etwas in eine Richtung entwickelt oder es eine starke Tendenz zu einem Thema gibt. Egal ob "gut" oder "schlecht" in der Ausführung.

Noch ein Trend? Nein danke!

Manch eine:r hat die Nase aber voll von den vielen Trends, die das Internet fluten. Schließlich impliziert das Wort eine gewisse Dringlichkeit, fast schon eine notwendige Anteilnahme, um am Ball zu bleiben. Wer nicht mitreden kann, dem droht vielleicht keine Bewertung oder Ausgrenzung vom Gespräch – die potenzielle Angst, den Anschluss zu verlieren, ist aber trotzdem spürbar. Natürlich wollen die meisten immer top-informiert und am neuesten Stand der Dinge sein. Wenn man sich aber jeden Tag einen scheinbar wichtigen Sachverhalt zu Gemüte führen muss, wird man eventuell müde davon und resigniert irgendwann. Daher sagen wir: Auf Wiedersehen "Lipcial", "Goblin Mode" und "Wendy Syndrom"!

Abstand von TikTok-Trends

Die Art, wie wir mittlerweile über Themen online und offline sprechen, wirkt fast werblich. Durch catchy Phrasen und klingende Namen machen wir uns gegenseitig Themen schmackhaft. Am Ende kaufen wir das zugehörige Produkt vielleicht sogar auch noch. Ein wenig Abstand vom TikTok-Sprech schadet daher nicht, obwohl wir uns von besagten Trends so schön verstanden fühlen, weil sie dann doch den Nagel so sehr auf den Kopf treffen. Eventuell sollten wir erst einmal über Sachverhalte sprechen, ohne ihnen einen vorgefertigten Stempel zu verpassen. Schließlich ist auch nicht sofort jede Person, die sich uns gegenüber egoistisch verhalten hat, ein:e pathologische:r Narzisst:in, wie das Internet uns vielleicht glauben lassen will.

Im Ernstfall also gerne nochmals überdenken, ob die jeweilige TikTok-Beschreibung wirklich so gut auf die eigene Situation passt, oder ob wir vielleicht doch individueller sind, als wir denken. Am Ende kann man sich immer noch ausloggen, Gras berühren und Vögel beobachten – ach nein, selbst das ist ja mittlerweile trendy auf TikTok! ...

Kommentare